12.06.2025
Greta Thunbergs Trip mit der »Freedom Flotilla«

Eine Seefahrt, die ist lustig

Am Sonntag endete die propagandistische Fahrt der Jacht »Madleen« zum Gaza-Streifen mit der Festnahme der zwölf Aktivisten, unter ihnen Greta Thunberg, durch die israelische Armee.

#AllEyesOnDeck: Dieser Slogan begleitete international in den sozialen Medien die Reise der schwedischen Klimaschützerin Greta Thunberg und der französischen Europaabgeordneten Rima ­Hassan (La France insoumise, LFI) zum Gaza-Streifen an Bord der Jacht »Madleen«. Ihr Schicksal bewegte sogar Francasca Albanese, die unverdrossene antiisraelische UN-Sonderberichterstatterin. Doch das einzige Ziel dieser »Freiheitsflottille« bestand darin, eine Medieninszenierung aufzuführen; nennenswerte Mengen an Hilfsgütern für die Bevölkerung des Gaza-Streifens waren nicht auf der Jacht.

An zweifelhaften Personen mangelte es an Bord nicht. An zweifelhaften Handlungen ebenso wenig. Am Donnerstag voriger Woche übergab die »Madleen« vier südsudanesische Flüchtlinge, die nach einem Notruf aus dem Wasser geholt und an Bord genommen worden waren, an Frontex – ausgerechnet: Die EU-Agentur für Grenz- und Küstenwache ist in den Worten von Manon Aubry, wie Rima Hassan LFI-Abgeordnete im EU-Parlament, eine »Miliz«, die »Grundrechte verletzt«.

Der Brasilianer Thiago Ávila betreibt Propaganda für das iranische Regime und die Hizbollah.

Die meiste Aufmerksamkeit der zwölf Aktivisten auf der »­Madleen« erregte zweifellos der Brasilianer Thiago Ávila. Ein Video zeigt seinen Auftritt als Gitarrenhippie an Bord, der »Break the siege of Gaza« trällert. Vor allem aber betreibt er Propaganda für das iranische Regime und die Hizbollah. Im Februar hatte er sich in den Libanon begeben, um an der Beerdigung des Generalsekretärs der Hizbollah, Hassan Nasrallah, teilzunehmen, den er als »­Märtyrer« und ein »lebendiges Beispiel der Opferbereitschaft« bezeichnete. Während der Fahrt der »Madleen« gab er Press TV, dem Sender des iranischen Regimes, und al-Manar, dem Sender der Hizbollah, Interviews.

Auf al-Mayadeen, einem weiteren libanesischen Sender, der als proiranisch und der Hizbollah zugeneigt gilt, stellten sich der LFI-Gründer Jean-Luc Mélenchon aus Paris und Rima Hassan auf der »Madleen« großzügig für eine Sendung mit Konferenzschaltung zur Verfügung. In der französischen Zeitschrift L’Express bemerkte der französisch-syrische Schriftsteller Omar Youssef Souleimane die Ironie: »Zwischen 2012 und 2016 war es die Hizbollah, die in Zusammenarbeit mit den iranischen Revolutionsgarden zur Zerstörung von Aleppo beitrug. Sie beteiligte sich direkt an der Bombardierung der östlichen Viertel der Stadt sowie am militärischen und sicherheitstechnischen Druck, der auf die Bewohner des Lagers Neirab, in dem Rima Hassan geboren wurde, ausgeübt wurde, um das diktatorische Regime von Bashar al-Assad zu unterstützen.« Wegen ihrer überbordenden monothematischen Präsenz in den sozialen Medien ist Rima Hassan in Frankreich auch unter dem Spitznamen »Lady Gaza« bekannt.

»Blutsauger, genozidale Irre und Landdiebe«

Mit an Bord waren auch die Berliner Gaza-Aktivistin Yasemin Acar sowie zwei Journalisten. Omar Faiad, ein französisch-ägyptischer Staatsbürger, arbeitet für al-Jazeera, den Sender aus Katar. Im Jahr 2017 sagte er: »Warum die Zionisten nicht gemeinsam belagern, als ein Mann, so dass ihr Blut unter den Belagerern vergossen wird? Die Araber umzingeln sie von allen Seiten, aber sie unternehmen nichts … Erstaunlich.« Im selben Jahr forderte er laut Souleimane die Sanktionierung aller arabischen Personen, die mit Israel zusammenarbeiten. Was den französischen Journalisten ­Yanis Mhamdi betrifft, so interviewte er Rima Hassan vor einem Monat für das Online-Medium Blast und ließ sie, ohne zu widersprechen, äußern, Frankreich sei »am anhaltenden Genozid beteiligt« und biete Israel »völlige Straflosigkeit«.

Nicht ohne ihre Kufiya. Die antizionistische Aktivistin Yasemin Acar

Nicht ohne ihre Kufiya. Die antizionistische Aktivistin Yasemin Acar

Bild:
picture alliance / Anadolu / Halil Sagirkaya

Eine der Organisatorinnen, die an Land geblieben ist, ist die rumänische Youtuberin Nicole Jenes. Sie verbreitet in den sozialen Medien Videos, in denen sie sich als Schauspielerin mit ganz eigenem Humor präsentiert: indem sie Israel beispielsweise als »is not real« übersetzt, ein Land, das sie nicht sehen könne, weil sie nur Palästina sehe und »einige Blutsauger, genozidale Irre und Landdiebe«.

An der Spitze dieses Selfie-Zirkus steht Zaher Birawi, ein palästinensisch-britischer Journalist, der als Leiter des International Committee for the Break of the Siege on Gaza (Internationales Komitee für den Bruch der Belagerung des Gaza-Streifens) fungiert und sich selbst als »Gründungsmitglied« der Freedom Flotilla ­Coalition bezeichnet, die die Fahrt der »Madleen« organisiert hat. Als die »Madleen« am vorvergangenen Sonntag von Sizilien ihre Fahrt begann, livestreamte er vom Ablegeplatz.

Sandwiches und Getränke

Am Montag zitierte der britische Telegraph den Labour-Abge­ordneten Christian Wakeford, der im Oktober 2023 Birawi als »Hamas operative« bezeichnet hatte und sagte, öffentlich zugängliche Videos zeigten ihn 2019 in London als Gastgeber einer Veranstaltung mit dem Titel »Understanding Hamas«. Einem israelischen Bericht von 2017 zufolge gab Birawi zu, das Flottillenprojekt zum Gaza-Streifen sei nicht dazu gedacht, »die Belagerung zu brechen« und humanitäre Hilfe zu bringen, sondern vielmehr Propaganda gegen Israel zu fördern.

Schließlich endete dieses geistverlassene Abenteuer am Sonntag: nicht mit dem spektakulär angekündigten Durchbrechen der ­Gaza-Belagerung durch die »Madleen«, sondern mit der Festnahme – im Jargon der Antizionisten »Entführung« – der Aktivisten durch die israelische Armee, die ihnen Sandwiches und Getränke servierte. Man wollte ihnen vor ihrer Ausweisung ein Video über die Schrecken des 7. Oktober 2023 zeigen, doch weigerten sich die Festgesetzten nach Regierungsangaben, der Vorführung beizuwohnen. Die wenigen humanitären Hilfsgüter, die das Boot an Bord hatte, ­sollen über reguläre Kanäle in den Gaza-Streifen weitergeleitet werden.