Jungle+ Artikel 12.06.2025
Rui Verde, Politologe, im Gespräch über den Erfolg der rechtsextremen Partei Chega in Portugal

»Sie mitregieren zu lassen, ist keine Option«

Lange war Portugal eine Ausnahme innerhalb Europas, weil es dort keine erfolgreiche rechtsextreme Partei gab. Das hat sich geändert. Über die Gründe, warum die erst 2019 gegründete Partei Chega bei der Parlamentswahl im Mai zweitstärkste Kraft wurde, sprach die »Jungle World« mit dem Politologen Rui Verde.

Das regierende Mitte-rechts-Bündnis Aliança Democrática hat die Wahlen in Portugal gewonnen. Was erwarten Sie von einer zweiten Amtszeit des Ministerpräsidenten Luís Montenegro?
Nicht viel. Vorrangig, weil seine erste, ausgesprochen kurze Amtszeit von knapp einem Jahr nur darin bestanden hat, Geld zu verteilen. Und zwar vor allem an die großen Konzerne Portugals. Und ein bisschen an den öffentlichen Dienst, die Polizei, die Lehrerinnen und Lehrer und so weiter. Er ist und war ein Manager, nicht mehr und nicht weniger. Er ist sicherlich kein Reformer.

Welche Folgen hat es, dass Montenegro eine große Koalition mit den Sozialdemokraten des Partido Socialista (PS) ausschließt und stattdessen wieder eine Minderheitsregierung führen will?
Seine Partei verfügt über knapp vierzig Prozent der Sitze im Parlament. Weil er sich weigert, mit dem PS gemeinsam zu regieren, und auch eine Zusammenarbeit mit der extremen Rechten von Chega dezidiert ausschloss, ist sein Entscheidungsspielraum immens ­eingeengt.

»Chega fehlen für die kommenden Kommunalwahlen noch die Strukturen und Kandidaten auf Gemeindeebene. Es ist bisher alles auf André Ventura fokussiert.«

Die Neuwahl wurde nötig, weil Montenegro an einer Vertrauensfrage im Parlament gescheitert war; ihm wird Vorteilsnahme vorgeworfen. Inwieweit können ihm die gegen ihn und sein Umfeld laufenden Ermittlungen wegen Korruption noch gefährlich werden?
Noch ist gegen Montenegro keine Anklage erhoben worden. Allerdings hat die Staatsanwaltschaft ein Untersuchungsverfahren wegen möglicher Interessenkonflikte eingeleitet, die sich aus Montenegros Position als Ministerpräsident und der Führung der Consulting-Firma Spinumviva ergeben haben könnten, die Montenegro, seiner Frau und deren Kindern gehört. Daraus könnte sich ein Anfangsverdacht er­geben, der eine Ermittlung nach sich zieht.

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