19.06.2025
Geert Wilders’ Partei verlässt die rechte Regierung, nun stehen in den ­Niederlanden Neuwahlen an

Rechts strauchelt, links fusioniert

Nachdem der Vorsitzende der extrem rechten Partij voor de Vrijheid, Geert Wilders, die Regierungskoalition in den Niederlanden zu Fall gebracht hat, beginnen nun die Vorbereitungen für eine Neuwahl. Die sozialdemokratische Partij van de Arbeid und die ökologische Partei Groenlinks wollen sich zusammenschließen.

Es war ein Kabinettsturz, der schon so oft vorhergesagt worden war, dass niemand mehr an sein Eintreten glaubte. Doch als die rechte Regierungskoalition in den Niederlanden kurz vor der Einigung auf ein schärferes Asylrecht zu stehen schien, ließ der Vorsitzende der extrem rechten Partij voor de Vrijheid (PVV), Geert Wilders, sie platzen: Er kündigte den Rückzug seiner Partei aus der Koalition mit der neoliberalen Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD), der sozial-konservativen Partei Nieuw Sociaal Contract (NSC) und der nationalchauvinistischen Bauernpartei Boer-Burger-Beweging (BBB) an.

Unmittelbar darauf traten die Minister:innen der PVV von ihren Ämtern zurück. Als »unnötig und unverantwortlich« kritisierte der bis zu der für den 29. Oktober angesetzten Neuwahl nur noch kommissarisch amtierende Ministerpräsident Dick Schoof (parteilos) Wilders’ Entscheidung.

Die PVV war aus der gleichfalls vorgezogenen Wahl im November 2023 mit der Forderung nach der »schärfsten Asylpolitik aller Zeiten« als stärkste Partei im niederländischen Parlament hervorgegangen. Der Parteivorsitzende Wilders wurde jedoch nicht zum Ministerpräsidenten gewählt.

Insbesondere der NSC-Vorsitzende Pieter Omtzigt, der sich inzwischen aus der Politik zurückgezogen hat, hatte sich dagegen verwahrt und mit Blick auf die migrations- und asylpolitischen Forderungen von Wilders »rechtsstaatliche Bedenken« geäußert. Letztlich landete der ehemalige Geheimdienstchef Schoof als Kompromisskandidat auf dem Posten des Ministerpräsidenten.

Die PVV, die zuletzt wegen schlechter Umfragewerte unruhig wurde, forderte die Verwirklichung eines rechtswidrigen Zehnpunkteplans in der Asyl- und Migrationspolitik.

Doch ebenso farblos wie der langjährige Beamte Schoof blieb auch die Politik seines Kabinetts. Insbesondere das Thema Migration und Asyl führte immer wieder zu Krisen. Die PVV, die zuletzt wegen schlechter Umfragewerte unruhig wurde, forderte die Verwirklichung eines Zehnpunkteplans.

Dieser sah unter anderem vor, den nationalen Ausnahmezustand auszurufen, das Militär für Grenzkontrollen einzusetzen sowie keinen einzigen Asylantrag mehr anzunehmen – ein Rechtsbruch mit Ansage. Da wollten die Koalitions­partner:in­nen nicht mitmachen, die zwar mit dem Ziel, »Asylströme zu begrenzen«, einverstanden waren, sich aber nicht so deutlich gegen den Rechtsstaat stellen wollten.

Der Entwurf eines schärferen Asylgesetzes, wenn auch nicht die Maximalforderung der PVV, fände in der Zweiten Kammer des Parlaments, in der die Koalition über eine Mehrheit verfügt, wohl genügend Zustimmung. Allerdings würde er in der Ersten Kammer, die mit dem Bundesrat in Deutschland vergleichbar ist, wohl scheitern. Dort hatte die Koalition keine Mehrheit, die PVV verfügt nur über vier der insgesamt 75 Sitze.

Die Rechte fürchtet einen Erfolg der linken Parteien

Auch viele andere Vorhaben der Regierung blieben stecken. So hat sie die durch die Bauindustrie und die intensive betriebene Viehwirtschaft verursachte Stickstoffkrise nicht in den Griff bekommen; seit Jahren überschreiten die Niederlande die EU-Grenzwerte für den Ausstoß von Stickoxiden.

Das Einfrieren der Mieten für Sozialwohnungen, das insbesondere die PVV gefordert hatte, scheiterte an schlechter Planung und dem Widerstand der Koalitionspartner. Zudem hat die Koalition sozialpolitisch nicht auf die hohe Inflation der vergangenen Jahre reagiert. Lediglich die Rüstungsausgaben wurden stark erhöht.

Die Rechte fürchtet nun einen Erfolg der linken Parteien bei der kommenden Parlamentswahl. Der ehemalige EU-Umweltkommissar und wahrscheinliche Spitzenkandidaten der sozialdemokratischen Partij van de Arbeid (PvdA), Frans Timmermans, gibt sich bereits kämpferisch und will vom sozialpolitischen Versagen der Regierung Schoof profitieren, vor allem durch eine Kampagne, wonach die Löhne im Gegenzug für staatliche Investitionen erhöht werden sollen (das sogenannte Große Lohnabkommen).

Anhaltende Krise der Sozialdemokratie

Am 12. Juni beschlossen die PvdA und die linksliberale Partei Groenlinks, im kommenden Jahr zu fusionieren. Bereits bei der vergangenen Wahl waren sie mit einer gemeinsamen Liste angetreten. In Umfragen legt das Bündnis der beiden linken Parteien seit einigen Wochen zu und liegt nun nur noch etwa zwei Prozentpunkte hinter der PVV.

Hintergrund der geplanten Parteienfusion ist auch die anhaltende Krise der Sozialdemokratie. Diese war in Sachen Migrationspolitik zuletzt nach rechts gerückt und hatte sozialpolitisch nur wenig Ambitionen gezeigt. Dieser bisherige Kurs beruhe auf der falschen Annahme, die Partei habe Stimmen an die PVV verloren, erklärt die Politikwissenschaftlerin Sarah de Lange von der Universität Amsterdam. Was weiterhin fehle, sei ein klares sozialpolitisches Profil, um linke Wähler:innen zurückzugewinnen.

Dass das mit der Parteienfusion gelingt, halten Kritik­er:innen für unwahrscheinlich. Die Plattform Rood Vooruit, die sich als linker Flügel der PvdA versteht, befürchtet, dass mit dem Zusammenschluss der sozialdemokratische Charakter der Partei noch unkenntlicher wird.