Deutsche Spuren auf Kreta
Wenn die Temperaturen steigen und die Sommermonate nahen, beginnt ein zweites Leben auf der größten griechischen Insel, die seit Jahrzehnten ein beliebtes Urlaubsziel darstellt. Die mit Abstand größte Gruppe ausländischer Touristen auf Kreta stellen die Deutschen dar. Im vergangenen Jahr waren es etwa anderthalb Millionen, die die Mittelmeerinsel mit ihren langen Sandstränden, verwinkelten Buchten und gewaltigen Schluchten besuchten.
Ansagen an den lokalen Busbahnhöfen werden auf Griechisch, Englisch und Deutsch ausgegeben, Speisekarten in den touristischen Restaurants haben normalerweise eine deutsche Übersetzung, und die größeren Hotelanlagen im Norden der Insel ziert nicht selten auch die Flagge der Bundesrepublik. Deutsch kann an griechischen Schulen als zweite Fremdsprache gewählt werden und die Sprachinstitute für Erwachsene bereiten jedes Jahr das Dienstleistungspersonal der Tourismusbranche auf die deutschen Besucher vor.
Kandanos war einer der ersten von 40 Orten auf Kreta, die während der deutschen Besatzung zerstört wurden. Schätzungen zufolge liegt die Zahl der damals getöteten Zivilisten zwischen 2.000 und 3.500.
Für die Kreter ist der Spätfrühling aber nicht nur als Beginn der Tourismussaison von Bedeutung, sondern auch weil um diese Zeit an die deutsche Besatzung der Insel während des Zweiten Weltkriegs und an die von Wehrmacht und Waffen-SS begangenen Kriegsverbrechen erinnert wird. Am 20. Mai 1941 landeten Fallschirmjäger der Wehrmacht im Nordwesten Kretas und eroberten die Insel binnen zwölf Tagen mittels brutaler Gewalt; sie hielten sie bis zur Kapitulation im Mai 1945 besetzt.
Dieser Tage, da sich die Landung der Wehrmacht zum 84. Mal und das Ende der Besatzung zum 80. Mal jährt, gedenken etliche Gemeinden auf der Insel der Okkupation und der Gewalt durch die Deutschen – wovon die hier weilenden Touristen der Enkel- und Urenkelgeneration der Täter kaum Notiz nehmen.
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