Tierischer Sommer
»Was sind das für finstere Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt.« schrieb Bert Brecht in seinem Gedicht »An die Nachgeborenen«. Es ist nicht mehr ganz aktuell, denn heutzutage findet kaum mehr ein Gespräch über Bäume statt, ohne dass zumindest einmal das Wort Klimawandel fällt und der Weltuntergang in Erwägung gezogen wird.
Trotzdem ist es natürlich so, dass nicht alle Menschen Klima- oder Israel-Experten sein können, oder wie Greta Thunberg scheinbar gleich beides auf einmal. Daher ist es wohl auch nötig, über andere Dinge zu sprechen, die vielleicht weniger dringlich erscheinen. Über Pumas zum Beispiel.
Man sollte es positiv sehen. Jede Zeile, die über den Puma oder das Sommerloch geschrieben wird, kann nicht mehr für »Israel-Kritik« verwendet werden.
Als neulich in Sachsen-Anhalt vermeintlich ein Puma gesichtet worden war, wollte jeder über die gefährliche Raubkatze berichten, aber gleichzeitig nicht der Dummkopf sein, der von einen Puma faselt, der sich später als Hauskatze entpuppt. Drum hielten die meisten Medien einen Ausweg offen. Das ND raunte: »Komisch, dass solche ominösen Sichtungen vor allem im nachrichtenarmen Sommer vorkommen.«
N-TV titelte: »Wenn Tiere aus dem Sommerloch kommen«, der Stern: »Diese Tiere versüßen uns das Sommerloch.« Hinter welchem Mond eines Mondes leben Journalisten, die meinen, sich in einer nachrichtenarmen Zeit zu befinden? Nur eines gibt es offensichtlich noch weniger als den Puma: das Sommerloch.
Hunde zur Pumajagd abrichten
Man sollte es positiv sehen. Jede Zeile, die über den Puma oder das Sommerloch geschrieben wird, kann nicht mehr für »Israel-Kritik« verwendet werden. Aber, um auf Brecht zurückzukommen: Natürlich können wir nicht alle ständig nur die Raketenflugbahnen verfolgen und die Leichen zählen. Es ist kein Verbrechen, sich auch in diesen finsteren Zeiten gelegentlich über vergleichbar harmlose Themen wie Fußball, den letzten »Tatort« oder eben über Katzen und Hunde zu unterhalten. Über Coco zum Beispiel.
Als Hund kann sie wenig zum Sturz der Mullahs oder zur Beendigung des Ukraine-Kriegs beitragen, aber sie könnte in Sachen Puma helfen. Hunde nämlich können zur Pumajagd abgerichtet werden. Sie treiben die Raubkatze auf einen Baum, dort kann sie dann von einem Jäger abgeschossen werden. Das klingt jetzt nicht besonders kompliziert, aber die meisten Journalisten können das nicht, einen Puma auf den Baum jagen. Und sie würden es, anders als andere Dinge, die sie nicht können, auch nicht versuchen. Coco hat das zwar auch nicht gelernt, aber sollte mal ein Puma vorbeikommen, wüsste sie sicher, was zu tun ist.