Krieg den Hütten
Eigentlich vergeht keine Woche, in der Regierungsmitglieder nicht auf Bürgergeldempfänger eindreschen. Zuletzt tat das beim »Sommerinterview« der ARD Bundeskanzler Friedrich Merz im Gespräch mit Markus Preiß. Diesmal waren es die Wohnkosten, die Merz zu beanstanden hatte. Er sprach von einer 100-Quadratmeter-Wohnung, bei welcher der Quadratmeter 20 Euro koste.
Insgesamt wären das also 2.000 Euro, die das Amt für die Bürgergeldempfänger nur an Wohnkosten übernehme. »Eine normale Arbeiterfamilie«, so der Kanzler, könne sich das nicht leisten. Sein Lösungsvorschlag also für eine – in seinen Augen – gerechtere Welt: die Deckelung der Mietkostenzuschüsse oder die Kontrolle von Wohnungsgrößen.
Dieses Bild geht jedoch an der Realität vollkommen vorbei. Von wie vielen Personen in einer solchen Wohnung geht der Kanzler aus? Im Interview entsteht der Eindruck, eine einzige Person würde auf diesen 100 Quadratmetern leben. Gibt es etwa Bürgergeldpaläste? Mit Zahlen der Bundesagentur lässt sich das jedenfalls nicht belegen.
»Die explodierenden Mietkosten stellen ein Problem für immer mehr Bevölkerungsschichten dar.« Jasmina Rühl, Berliner Bündnis gegen Vonovia und Co.
»Die angemessenen Größen und Kosten der Wohnung bei Bürgergeldempfängern sind eindeutig festgelegt«, teilt Jasmina Rühl vom Berliner Bündnis gegen Vonovia und Co. der Jungle World mit. Im Bundesdurchschnitt gelten 40 bis 45 Quadratmeter für eine Person als angemessen. Und auch die Kosten sind gedeckelt. In Hamburg darf eine Wohnung beispielsweise für eine Person maximal 573 Euro Kaltmiete kosten. Um eine Mietkostenübernahme in Höhe von 2.000 Euro zu erhalten, müsste es sich laut dem Jobcenter Hamburg um eine sogenannte Bedarfsgemeinschaft von acht Personen handeln.
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