Bettelblick und Werbetrick
Es heißt ja oft, man solle sich keine Gedanken darüber machen, was andere über einen denken. Schaut man sich Coco oder andere Hunde an, dann scheinen sie sich tatsächlich, arg- und sorglos, wenig um ihr Ansehen zu scheren. Die Liste der blamablen und stillosen Auftritte Cocos ist schier endlos. An ihrem Selbstbewusstsein nagt das nicht.
Und doch ist es im Tierreich durchaus üblich, sich vor dem Rudel, der Herde oder erst recht vor potentiellen Geschlechtspartnern zu inszenieren. Auch bei uns Menschen spielt es im Leben eine Rolle, was andere über einen denken – und das sollte es auch. Denn das, was andere über einen denken, ist nicht automatisch irriger als das, was man selbst über sich denkt. Nicht automatisch – aber manchmal schon.
Ein veganer Koffer
Nehmen wir mal mich zum Beispiel: Da habe ich mir vor einiger Zeit einen hartschaligen Trolley-Koffer gekauft, einen mit Laptop-Fach außen, so dass man im Zug den Laptop entnehmen kann, ohne den Koffer zu öffnen. Die Auswahl an halbwegs ansehnlichen und nicht vollständig überteuerten Produkten war überschaubar.
Die Entscheidung fiel auf eines, das – was hinterher bemerkt wurde – als »vegan« vermarktet wird. Ein veganer Koffer. Vegan deshalb, weil er aus Plastik besteht. Genauer: aus Plastik, etwas Metall und noch mehr Plastik. Vegan eben.
Gerade während diese Zeilen geschrieben werden, versucht Coco alles, mich dazu zu bewegen, ihr etwas zu fressen zu geben, sprich: mir den Eindruck zu vermitteln, dass ich ihr etwas zu essen geben müsste.
Nun geschieht es zuweilen, dass ich auf Bahnhöfen Menschen mit dem gleichen Koffer sehe. Nicht, dass ich schlecht über diese Menschen denke, ich bin sehr tolerant. Aber es ist natürlich nicht abwegig, dass, wenn ich ihren Koffer erkenne, sie auch meinen einordnen können. Sehr ungern möchte ich als jemand gesehen werden, der auf eine plumpe Werbemasche wie vegane Plastikkoffer hereinfällt.
Das ist noch nicht das Ende der Geschichte: Menschen, die mich kennen, könnten denken, ach, wenn der schon veganes Plastik kauft, dann wird ja wohl was dran sein, vielleicht sollte ich auch – und schwupps, schon ist man mitten in Politik und Wirtschaft angelangt, und das nur, weil Menschen etwas über mich denken.
Und selbst der Hund: Sicher ist es ihm egal, was ich oder andere von ihm halten, aber nicht, wie wir mit ihm kommunizieren und was wir tun. Dass jedoch Letzteres mit Ersterem zusammenhängt, dürfte auf der Hand liegen.
Gerade während diese Zeilen geschrieben werden, versucht Coco alles, mich dazu zu bewegen, ihr etwas zu fressen zu geben, sprich: mir den Eindruck zu vermitteln, dass ich ihr etwas zu essen geben müsste. Das geht vom entwürdigenden Anbiedern über niedliche Blicke bis zum Vortäuschen einer dramatischen Hungersnot. Schaut ihn euch an, ja wirklich, der arme Hund.