Erlöse uns von dem Bösen
Als die neonazistische Kleinstpartei »Die Rechte« im Frühjahr ihre Auflösung bekanntgab, war das kaum mehr eine Meldung wert. Ihr größter Coup bleibt ein Wahlkampf-Slogan aus dem Jahr 2019: »Zionismus stoppen: Israel ist unser Unglück«. Den allerdings haben ihr andere mit ungleich größerem Erfolg entwendet und in die Sprache der internationalen Linken übertragen: »Palestine is setting us free«. Voilà, es geht nämlich gar nicht um Palästina, wie »DJs«, »Film Workers«, »Philosophers« und all die anderen Zusammenschlüsse »for Palestine« glauben machen, und vielleicht sogar nur mittelbar um Israel, das wie einst Karthago am Ende jeder Rede rhetorisch zerstört werden muss, sondern eigentlich um »uns«.
Warum sollte ausgerechnet Palästina Leute befreien helfen, die offenbar ganz andere Hilfe nötig haben? Im Gegensatz zu den seit dem Aufstieg Yassir Arafats und seiner Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) so genannten Palästinensern leben ihre enthusiastischen Fürsprecher in Westeuropa und Nordamerika immerhin schon (oder noch) in demokratisch verfassten Rechtsstaaten und auch einigem Wohlstand. Und hier, nicht in Palästina, liegt ihr Problem. Eine wunders wie revolutionäre Linke hat ansonsten wenig zu bestellen.
Die Palästinenser haben das fragwürdige Glück, dass Aktivisten aus aller Welt ihnen ihre Sympathie schenken, die diese Leute nichts kostet und freilich auch nichts wert ist.
Inklusion, Diversität, Gender-Sensibilität, all das ist weithin liberaler Konsens, zumindest im verfluchten »Westen«; und an den Eigentumsverhältnissen, weiß auch die radikale Linke, wird sich so bald nichts ändern. Hat sie selbst nicht einmal die Ketten zu verlieren, mit denen das Proletariat sich aus dem Staub gemacht hat, glaubt sie jedoch umso fester daran, noch immer eine Welt gewinnen zu können, das heißt die Weltgeschichte noch einmal so herzurichten, wie sie sich Marx etwa im Vormärz dargeboten haben mochte.
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