09.10.2025
Die Linkspartei stellt sich gegen die ­Entwaffnung der Hamas

Partner des Protests

Mit ihren Positionen zum Thema Israel und Antisemitismus zeigt die Linkspartei vor allem eines: politische Verantwortungslosigkeit.

»Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin« – dieser alte Slogan ließe sich problemlos in »Stell dir vor, es ist Frieden und die Linke geht nicht hin« umformulieren, wenn es um die Vorschläge von US-Präsident Donald Trump zur Beendigung des Krieges im Gaza-Streifen und die Reaktionen der Partei »Die Linke« geht. Denn ihren Vorsitzenden, Ines Schwerdtner und Jan van Aken, die kürzlich noch für die »Zusammen für Gaza«-Demonstration in Berlin ­getrommelt hatten, scheint das Konzept offenbar große Bauchschmerzen zu verursachen.

So schreibt van Aken in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau, dass der in Trumps Plan versprochene Frieden allenfalls auf ein zum Scheitern verurteiltes »koloniales Gebilde« hinauslaufe. »Die größte Schwachstelle: Palästinenser:innen waren ­daran überhaupt nicht beteiligt.« Es sei »ein ›Friss oder Stirb‹-Angebot« unter Ausschluss relevanter Akteure, vergleichbar mit der Haltung des US-Präsidenten zur Ukraine.

Die Tatsache, dass unter anderem Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas, die wichtigsten Regierungen in der arabischen und muslimischen Welt und auch die meisten europäischen ­Staaten sich positiv zu den Vorschlägen aus Washington geäußert haben, passt nicht ins Weltbild.

Nun dürfen Vergleiche gerne mal hinken. Doch der Text krankt an penetranter Selbstbezüglichkeit. So betont van Aken, er sei ja gerade erst mit »hunderttausend Menschen in Berlin auf die Straße gegangen, um für einen gerechten Frieden in Gaza zu demonstrieren«. Dabei hat er selbst außer einer nebulösen »Selbstbestimmung jenseits der Hamas« wenig Konkretes als Lösung im Angebot. Trotzdem ist man gegen den Friedensplan aus Washington, fast wirkt es wie ein Reflex.

Die Tatsache, dass unter anderem Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas, die wichtigsten Regierungen in der arabischen und muslimischen Welt und auch die meisten europäischen ­Staaten sich positiv zu den Vorschlägen aus Washington geäußert haben, passt da wohl nicht ins Weltbild. Für narzisstische deutsche Linke kommt es womöglich einer Kränkung gleich. Also wird es nicht einmal erwähnt.

Dafür weiß van Aken zu berichten, dass die Demonstranten in Berlin »fassungslos, wütend und traurig« gewesen seien, weil der Krieg im Gaza-Streifen weiterhin andauere und »die Geiseln immer noch nicht alle frei sind«. Man möchte sich die Augen ­reiben. Auf welcher Kundgebung war er? Auf das Schicksal der Israelis hinzuweisen, die sich seit dem 7. Oktober 2023 in der Gewalt der Hamas befinden, wäre inmitten des Meeres von Palästina-Flaggen, Pappwassermelonen und Transparenten, die Israel einen ­Genozid unterstellten, nur etwas für Lebensmüde gewesen.

Bei Antisemitismus stets von Neuem in der Bredouille

Denn nicht wenige Teilnehmer hatten sich die Vernichtung ­Israels ausdrücklich auf die Fahnen geschrieben. Aber gegen genau solche Gruppen kann – oder will – die Linkspartei sich nicht abgrenzen. So hatte Schwerdtner im Freitag drei Tage vor der Demonstration noch erklärt: »Ist die Linke ein verlässlicher Partner in der Frage des Protests gegen Krieg und Vertreibung in Palästina? Das ist für mich viel wichtiger als die Frage, wer wann wo genau mitläuft auf einer Demo.« Mit diesem Argument könnte man auch Nazis, von denen manche ebenfalls sehr um Palästina bemüht sind, mit ihren klassischen »Israel ist unser Unglück«-Transparenten mitmarschieren lassen.

Genau deswegen gerät die Partei stets von Neuem in die Bredouille, wenn es um Antisemitismus geht. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Schwerdtner selbst wurde dem Spiegel zufolge auf der Demonstration von »Kindermörder Israel« und »Tod Israel« brüllenden Personen bedrängt, weil das Gerücht die Runde machte, sie sei Israelin. Lerneffekt? Gleich null. Es ist haargenau das eingetreten, wovor manche in der Partei, wie Sabine Berninger aus Thüringen, vorher gewarnt hatten: Man machte sich gemein mit Leuten, die Israel von der Landkarte streichen wollen.

Oder man hat sie gleich in den eigenen Reihen. So wie eine Hannah Bruns von der Landesarbeitgsgemeinschaft Palästina­solidarität in Berlin – eine offizielle Gruppierung in der Links­partei. Das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus dokumentierte eine Rede, die Bruns am 1. Oktober bei einer Kundgebung in Berlin gehalten hat. Für sie sei der Plan von Trump »eine Schande«, weil sich »der Widerstand«, also die Hamas, ­entwaffnen soll. Der Kampf müsse weitergehen, bis selbst Tel Aviv »befreit« sei: »Der Widerstand in Palästina wird niemals ­aufgeben!«

Auch für Schwerdtner ist der US-Friedensplan keine Option, es handele sich dabei – so schrieb sie auf X – um »unrealistische ­Allmachtsphantasien«. Die Wortwahl ist eine andere, die Haltung dahinter aber gar nicht so unähnlich. Der Krieg soll nicht mit der Entmachtung der Hamas enden: La lotta continua!

Umso heuchlerischer dann die bei X zur Schau gestellte, fast wortgleiche Anteilnahme von Schwerdtner und van Aken für die Opfer des antisemitischen Anschlags in Manchester. Als wäre das Attentat auf Besucher einer Synagoge aus heiterem Himmel geschehen, als gäbe es keinen Zusammenhang mit den Hass-Demos überall im Vereinigten Königreich, organisiert von linken Gruppen gemeinsam mit Islamisten.

Wenn eine Bundestagsabgeordnete der Partei wie Charlotte Neuhäuser Israel-Unterstützer als »Zios« – übrigens ursprünglich ein Begriff der Neonazi-Szene – bezeichnet, um sie zu diffamieren, dann ist sie, wie auch ihre Partei, mitverantwortlich für ein Klima, das Gewalt gegen unliebsame Personen bejaht. 

Der von Bruns beschworene »Widerstand« würde gerne auch in Deutschland Israelis und Juden ermorden – das zeigte sich dieser Tage nach der Verhaftung von drei schwer bewaffneten Hamas-Mitgliedern in Berlin. So sieht wohl die »Globalisierung der Intifada« aus, die von Personen gefordert wird, mit denen die Linkspartei auf Demonstrationen unterwegs ist.

Wenn eine Bundestagsabgeordnete der Partei wie Charlotte Neuhäuser Israel-Unterstützer als »Zios« – übrigens ursprünglich ein Begriff der Neonazi-Szene – bezeichnet, um sie zu diffamieren, dann ist sie, wie auch ihre Partei, mitverantwortlich für ein Klima, das Gewalt gegen unliebsame Personen bejaht. Beispielhaft stehen dafür die vergangene Woche verteilten Flugblätter, die dazu aufrufen, die Betreiber der Programmkneipe »Bajszel« in Berlin »für immer« zum Schweigen zu bringen – mit Namen und Fotos der Betreiber direkt unter einem ­roten »Hamas-Dreieck«.