Dienstag, 27.10.2020 / 12:41 Uhr

Unnützes Wissen und signierte Bälle

Von
GM
Gastspiel von Lokomotive Leipzig bei Lichtenberg 47 im Zoschke-Stadion

Gastspiel von Lokomotive Leipzig bei Lichtenberg 47 im Zoschke-Stadion

Bild:
instagram.com/picke.graetsche.aus

Das erste Gastspiel von Lokomotive Leipzig bei Lichtenberg 47 hatte alles zu bieten, was Regionalliga-Freunde ins Stadion zieht.

Matchday im Zoschke, dem inoffiziellen Wohnzimmer des „Picke.Grätsche.Aus”-Blogs! Bislang herrscht bei den Autoren Einigkeit, dass dieses hübsche Stadion, nur drei U-Bahnstationen vom Frankfurter Tor entfernt, Garant für einen wunderbaren Fußballnachmittag mitten im Kiez ist. Das Stadion ist ein aus Mauern geformtes Rechteck mit Zuschauerrängen, die direkt an die Außenlinien reichen, sodass die Fans mitten im Geschehen sind und alle Anfeuerungen und Flüche auf dem Platz verstehen können. Zum Beispiel die, die Lichtenbergs Torhüter Niklas Wollert seinen Vorderleuten zubrüllt.

Bei schönstem Wetter machten sich die Mannschaften auf dem Rasen warm und ließen dem Stadionsprecher Zeit, die Leipziger und ganz besonders herzlich deren Fans zu begrüßen, nicht ohne festzustellen, dass die meisten von ihnen das erste Mal im Zoschke sein dürften. Schließlich war die Ansetzung in der Vorsaison „aus Gründen“ ausgefallen. Und so gab er den Zuschauern gleich noch ein paar „komplett unnütze Fußballfakten“ mit. Nämlich, dass das Hans-Zoschke- Stadion 1952 erbaut und am 14. September mit dem Namen „Stadion an der Normannenstraße“ eingeweiht wurde. An diesem Tag wurde auch gleich der bis heute währende Zuschauerrekord aufgestellt. 18.000 sahen damals das Finale im FDGB-Pokal zwischen dem SV Volkspolizei Dresden und der BSG Einheit Pankow. Die Truppe der Dresdner Volkspolizei, dem Vorgängerverein der heutigen SG Dynamo Dresden, gewann das Spiel mit 3:0.

Das Zoschke sollte ursprünglich für einen Erweiterungsbau der angrenzenden Stasizentrale abgerissen werden. Zum Glück wurden die Pläne aus Geldmangel verschoben – auf die 1990er Jahre. Aus bekannten Gründen kam es also gar nicht mehr dazu. Ein absoluter Glückfall, wie jeder bestätigen kann, der dieses Stadion, das laut Wikipedia nach der Alten Försterei das zweitgrößte reine Fußballstadion Berlins ist, schon einmal besucht hat.

Nach so vielen interessanten historischen Infos kam gleich das nächste Highlight. Die Mannschaften liefen ein und die Lichtenberger Spieler schossen elf mit Autogrammen beschriftete Bälle ins Publikum, wo sich schon begeisterte Kinderhände nach ihnen ausstreckten. Als die rot gekleideten 47er auch noch mit der zweiten Aktion des Spiels in Führung gingen, war der Lichtenberger Sonntagnachmittag perfekt.

Aus dem zur Hälfte gefüllten Gästeblock kamen nun auch erste Gesänge der Ultras, die mit dem Ordnen ihrer Fahnen und Doppelhalter fertig geworden waren. Der Stadionsprecher sagte ein Mal durch, dass es in Berlin nicht erlaubt ist, zu singen. Der Anhang von Lok ignorierte die Ansage konsequent, immerhin setzten sie sich aber nach zehn Minuten Masken auf, vielleicht als Kompromissangebot. So blieb die Stimmung auch dann noch sehr entspannt und friedlich, als Leipzigs Torjäger Djamal Ziane nach einem harten Foul die rote Karte sah und sich selbst einigermaßen geschockt auf die leer gehaltenen Ränge der Gegengerade setzte.

Die Beobachtung der Kollegen beim Spiel der 47er gegen Altglienicke, über das wir berichteten, dass viele Fans der verschiedenen Ostberliner Vereine gerne zu Lichtenberg kommen, kann ich nur insofern bestätigen, als eine sehr große Zahl an Besuchern mit diversen Union-Utensilien zu sehen waren und, wenn ich es richtig gesehen habe, ein einzelner mit weinrotem Dynamo-Mundschutz.

In der Pause war auch der sympathische ältere Herr wieder am Start, der die wunderbaren Anstecknadeln unzähliger Vereine anbietet. „Picke.Grätsche.Aus” hatte ihn auch schon im Jahnsportpark getroffen.

Das Spiel bot vor allem in der zweiten Hälfte noch jede Menge Spannung. Lok erkämpfte in Unterzahl den Ausgleich, Lichtenberg daraufhin einen Zwei-Tore-Vorsprung. Da die Berliner aber weitere Hundertprozentige nicht verwerteten und die Leipziger zum Anschluss kamen, blieb es bis zur letzten Aktion extrem eng, als Lok eine riesige Chance zum Ausgleich vergab. Am Ende hieß es es 3:2.

So konnten am Ende irgendwie alle zufrieden sein. Die Leipziger, die mit der Tabellenspitze ohnehin nichts mehr zu tun haben mit ihrer starken Leistung in Unterzahl, die Lichtenberger mit drei Punkten und alle mit diesem perfekten Fußballnachmittag, aus dem sie wieder neues unnützes Wissen oder sogar einen Ball mitnehmen konnten.

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