Sonntag, 23.09.2018 / 17:53 Uhr

Demonstrationen dank Erdogan

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Jeden Freitag demonstrieren sie nun wieder zu zehntausenden, die Menschen in Idlib und Umgebung. Die Bilder erinnern fast an die Anfänge dessen, was die Syrer ihre Revolution nennen, wären da nicht die vielen türkischen Fahnen.

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Und es sind diese Fahnen, die den Betrachter schmerzlich daran erinnern, dass Menschen dieser Tage in Idlib nur demonstrieren können, weil sie von der Türkei und ihrem Präsidenten geschützt werden. Hätte sich Erdogan nicht in letzter Minute gegen eine drohende russisch-syrische Offensive gestellt und mit seinem russischen Amtskollegen ein Abkommen ausgehandelt, vermutlich wären viele, die jetzt gegen Assad auf die Straße gingen, inzwischen tot, verletzt oder erneut internal displaced.

Wäre es nach dem so genannten Westen gegangen, Idlib befände sich wohl wieder unter syrischer Kontrolle.

Denn wäre es nach den USA oder der EU gegangen, hätten Damaskus und Moskau freie Hand gehabt, solange nur kein Giftgas zum Einsatz kommen würde

Wie die Zukunft aussehen wird, steht dagegen in den Sternen. Wird dieses Abkommen ausnahmsweise eine längere Haltbarkeit haben, als die vermeintlichen Deeskalationszonen zuvor, die sich am Ende nur als Falle erwiesen?

Viel hängt davon ab, ob die mit Al-Qaida affiliierten Milizen von Haiʾat Tahrir asch-Scham ihrer Teilentwaffnung zustimmen. Sollten sie sich weigern, lieferten sie Putin und Assad einen perfekten Grund, die Provinz doch anzugreifen.

So liegt das Schicksal von Idlib und damit von Millionen von Zivilisten zum Teil nun in den Händen eines Al-Qaida Ablegers. Zur Erinnerung: Zu Beginn der Massendemonstrationen in Syrien spielten radikale Islamisten kaum eine Rolle, erst ab dem Frühjahr 2012 nahm ihr Einfluss kontinuierlich zu.

Die Situation könnte absurder nicht sein: Dass es Bilder von Demonstrationen aus Idlib heute noch gibt, ist einzig einem despotisch regierenden Präsidenten in der Türkei zu verdanken, der im eigenen Land Opposition mit harter Hand unterdrückt. Wäre es nach dem so genannten Westen gegangen, Idlib befände sich wohl wieder unter syrischer Kontrolle. Die Entscheidung, ob es so bald so weit sein wird, liegt in Händen Moskaus, Teherans und von Al-Qaida.