Dienstag, 25.02.2020 / 14:17 Uhr

Griechische Inseln: 'Es ist Krieg'

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Die Folgen völlig verfehlter europäischer Flüchtlingspolitik bekommen jetzt die Bürger der griechischen Inseln ebenso zu spüren wie die zehntausende dort zusammengepferchten Flüchtlinge

 

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(Bild: Fenixaid)

 

Der Leiter der lokalen Hilfsorganisation Stand by me Lesvos, Mixalis Avialotis, fasst den seit gestern auf den nordägäischen Inseln herrschen Wahnsinn in einem Gespräch heute morgen mit drei Worten zusammen: "This is War".

Und in der Tat herrscht dort inzwischen Krieg, nicht zwischen Flüchtlingen und Bewohnern, sondern mit der Zentralregierung in Athen, die unbedingt ihren Willen durchsetzen will.

Die Vorgeschichte dürfte jedem bekannt sein, wie es kam, dass auf griechischen Inseln zehntausende Flüchtlinge in Campingzelten zu leben haben und es inzwischen so viele sind, dass jede Art von Versorgung zusammengebrochen ist.

Dann tritt eine neue Regierung mit vollmundigen Wahlversprechen an, die von der EU völlig im Stich gelassen wird.

Die Bewohner der Inseln, die jahrelang geduldig gewesen sind, wollen Lösungen sehen.

Athen schlägt geschlossene Lager irgendwo im Nichts vor, eine Idee die kollektiv von den Inselbewohnern abgelehnt wird.

 

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(Quelle: Politischios)

 

Die Regierung der norddägäischen Inseln bricht deshalb jeden Kontakt mit Athen ab.

Trotzdem sucht Athen sich einen Ort im Norden der Insel Lesbos aus, wo das Ding gebaut werden soll. Alle Bewohner rufen zum Widerstand auf.

Deshalb schafft die zentralregierung 300 Polizisten, die zu einer allseits gefürchteten Einheit gehören, per Schiff nach Lesbos, um das Lager mit Gewalt zu bauen.

Am Hafen von Mytillini sammeln sich Bewohner zu einer Blockade und Demonstration. Mitten in der Nacht werden die Polizisten angelandet und es kommt zu heftigen Straßenschlachten.

 

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Die griechische Polizei hat in der Nacht zum Dienstag auf den Inseln Lesbos und Chios Tränengas eingesetzt, um Demonstranten auseinander zu treiben, die sich gegen den Bau neuer Migrantenlager sperren. Die Inselbewohner fordern, dass die vorhandenen Lager geschlossen und keine neuen gebaut werden. Alle Migranten sollten nach ihrer Registrierung zum Festland gebracht werden.

Zu den schwersten Zwischenfällen kam es im kleinen Hafen von Mesta auf Chios. Dort versuchten aufgebrachte Einwohner den Hafen zu blockieren. In der Nacht sei eine Fähre mit schwerem Gerät angekommen, mit dem ein neues Lager für Migranten gebaut werden solle, berichtete das Staatsradio (ERT). Die Polizei setzte dort massiv Tränengas ein. Die Fähre konnte dann anlegen. Auch auf Lesbos kam es zu Ausschreitungen.

Der Gouverneur der Inseln erklärte, nicht einmal die Militärjunta wäre so vorgegangen

Auf Chios mussten infolge des Tränengaseinsatzes unter anderem der Bürgermeister der Insel, Stamatis Karmantzis, und ein Priester, die beide ohnmächtig wurden, ins Krankenhaus gebracht werden.

Auch heute gehen die Zusammenstöße weiter:

Residents have been lined up in the broader area of Kalloni area have been lined up at the site, among them Regional Governor of the North Aegean Region, Costas Moutzouris and Mayor of West Lesvos, Taxiarchis Verros.

“A day of shame for all of us and mainly for those who ordered the beating of those who guard our islands on the edge of the Aegean,” Moutzouris said. “It is a shame that they are beaten and suffer form the teargas. Not even the Junta did such things,”he added.

Die Atmosphäre ist vollkommen vergiftet, schon rufen Bewohner der Insel zum Widerstand auf und erinnern an die alte Partisanentradition.

Wer nicht Athen zum Schuldigen für das Desaster erklärt, wird seinen Unmut wohl auf die Flüchtlinge richten, im Januar schon kam es zu ersten Übergriffen seit über fünf Jahren.

Und das ist erst der Anfang einer Eskalation, die spätestens ab dem letzten Herbst absehbar war.