Freitag, 21.02.2020 / 09:36 Uhr

Verrückt oder Teil des allgemeinen Wahns?

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Was ist verrückt, was Teil des allgemein herrschenden Wahnsinn? Ein paar ganz unfertige Gedanken und Fragen angesichts der Reaktionen auf das Blutbad von Hanau.

 

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(Titelbild Focus Sommer 2015)

 

Wenn wer in einem Social Media Account Politik kommentiert und dann mit Sätzen endet wie "jetzt muss die Regierung aber ...." oder "was die EU nun tun muss", glaubt er in dem Moment doch, dass er irgendwie wirklich Teil großer Politik ist, oder?

Wer kennt sie nicht die Forderungen: "Jetzt muss endlich konsequent abgeschoben werden!" oder "Ich fordere Merkel auf, endlich zu handeln!"

Das Netz ist voll damit und selten wird so jemand gefragt, ob sie oder er glauben, dass die Mächtigen sich in irgend einer Weise um so etwas auch  kümmern.

Wolfgang Pohrt schrieb schon in der frühen 80er Jahren über den von einem prominenten deutschen Friedensbewegten verfassten offenen Briefe an die amerikanischen und sowjetischen Staatschefs:

"Meint er ernsthaft, der erste Mann im Kreml werde seine Ratschläge beherzigen oder auch nur zu Gesicht bekommen, dann besitzt er entweder ein solides Gottvertrauen, oder er leidet unter einer grotesken Überschätzung seiner Person."

Zwischen solchen Briefen an die Mächtigen oder anderen Forderungen, nun endlich müsse Politik die ganz großen Probleme (Umwelt & Frieden) angehen und der, des vermeintlichen Ausländerproblems endlich Herr zu werden, besteht ein wichtiger Unterschied.

Denn wenn die da Oben nicht willens sind oder in der Lage scheinen, konsequent abzuschieben oder Grenzen zu sichern, dann hilft immer noch, das Problem in die eigene Hand zu nehmen. Ob Brandsätze in Asylbewerberheime oder gleich der Griff zur Schusswaffe, hier kann man im Kleinen exekutieren, was im Großen gefordert wird.

 

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(Wahlplakat der SVP 2016)

 

Und eine immer wieder gestellte Frage nämlich lautet doch: "Warum duldet Deutschland diese ständige Ausländerkriminalität?"

Wie viele Prozent der Landsleute haben sie sich schon genau so gestellt? Vierzig? Oder doch mehr?

Immerhin stimmen 86% der Bundesbürger zu, dass wesentlich konsequenter abgeschoben werden müsste und 51% sind der Meinung, Flüchtlinge erhöhten die Kriminalität:

 

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(ZDF-Umfrage 2016)

 

Wieviele davon haben sich nicht auch schon gefragt, warum angesichts all der Meldungen über Messerstechereien, Vergewaltigungen, Diebstahl nicht endlich konsequent durchgegriffen wird.

Und kämen sie nicht auch zu einem ähnlichen Schluss, dass nämlich "die straffälligen Ausländer nur eine Seite der Medaille sind, denn auf der anderen Seite stehen Deutsche, welche entweder ignorant sind oder zu schwach oder zu dumm, um das Problem zu lösen, sprich alle wieder außer Landes zu schicken”?

Hatte man nicht genau das immer wieder gefordert? Endlich diese kriminellen Ausländer konsequent abzuschieben? Und was geschieht? Nichts!

Ganz im Gegenteil, es kommen immer mehr und mehr, wie seit Jahren, ja, Jahrzehnten Politiker aus fast allen Partien ständig beklagen.

Wäre es also nicht an der Zeit, endlich über konsequente Lösungen nachzudenken und sie auch umzusetzen? Sicher es müsste, das geht sicher zu weit nicht gleich komplette Vernichtung sein, aber sähe es auf dieser Welt nicht ungleich besser aus, es gäbe ein paar Milliarden potentieller Flüchtlinge weniger? 

Die Zitate oben stammen aus dem Manifest von Tobias Rathjen, dem Todesschützen von Hanau, der tat, was vor ihm schon viele taten: Endlich durchzugreifen.

Sicher, die Vorstellung, die amerikanische Regierung höre auf ihn und befolge seine Ratschläge, ist irre, aber ist sie so viel irrer, als was man täglich an Aufrufen, Ratschlägen und Tipps an die Mächtigen sonst liest? Hofft und glaubt nicht heimlich jeder, der solche Sätze schreibt, dass sie ihn eines Tages erhören?

Wäre es nicht das größte Glück eines jeden Kommentators einer irrelevanten Provinzzeitung, der amerikanische Präsident, den er in seinem Leitartikel auffordert, dies und jenes zu tun, schenkte im Gehör? Und was an dieser Vorstellung ist wirklich weniger verrückt als die entsprechenden Absätze in Rathjens Manifest?

Gerade meldet die UN, bald erreiche die Zahl neuer Flüchtlinge in Syrien die Millionengrenze. Sie addieren sich zu den über 18. Millionen, die alleine im Nahen Osten irgendwo in Lagern oder Notunterkünften leben und von denen, wenn sie könnten, die überwältigende Mehrheit nach Europa kommen wollten, da sie in ihren Ländern keinerlei Zukunftsperspektive mehr haben. Für die meisten ist eh an Rückkehr nicht zu denken. Eine "Lösung" gibt es nicht, Europa ist schon von den paar Zehntausend auf den griechischen Inseln völlig überfordert.

 

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(Spiegel Titel)

Wäre es da nicht an der Zeit, über radikale Maßnahmen nachzudenken? Schon hat die EU einen fast unüberwindliche Mauer an der türkisch-syrischen Grenze finanziert, die in Konsequenz heißt, dass Menschen die vor Assads Truppen fliehen, früher oder später in einer tödlichen Falle sitzen werden. Dies ist nur ein Beispiel von vielen, das letztlich Tod auf Raten vorsieht, weil andere Lösungen nicht in Sicht sind. Jeder erfrorene oder ertrunkene Flüchtling ist doch einer weniger, der nach Europa kommen könnte. Steht es nicht auch so auf unzähligen ganz normalen Seiten auf Facebook, Twitter oder irgendwelchen Blogs?

Ja inzwischen erklären doch vor laufender Kamera syrische Flüchtlinge selbst, sie zögen einen schnellen Tod dem Elend in den Lagern vor! Und die Türke gibt bekannt, sie sei nicht einmal bereit, fünf weitere Flüchtlinge aufzunehmen.

Ist man sich nicht einig, dass da "also ein Problem gelöst werden muss", ist es verrückt anzusprechen, dass Millionen nach Europa kommen wollen und das ausgerechnet auch noch aus Ländern mit einer extrem hohen Geburtenrate, die wenn sie denn herkommen, auch noch, wir lesen es ja ständig, zu Kriminalität und Sozialschmarotzertum neigen?

 

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Und die dann eben auf noch auf jene Deutschen stoßen, die "entweder ignorant sind oder zu schwach oder zu dumm, um das Problem zu lösen".

Wäre es also nicht an der Zeit, endlich über konsequente Lösungen nachzudenken und sie auch umzusetzen? Sicher es müsste, das geht sicher zu weit nicht gleich komplette Vernichtung sein, aber sähe es auf dieser Welt nicht ungleich besser aus, es gäbe ein paar Milliarden potentieller Flüchtlinge weniger? 

Und wurde die Lösung solcher "Probleme" bzw. "Fragen" nicht schon oft genug in den letzten 150 Jahren diskutiert und zwar ganz wissenschaftlich und höchster politischer Ebbene? 

Denkt Rathjen hier nicht also nur zu Ende, was generell inzwischen als unlösbares Dilemma empfunden und behandelt wird? Ist das wirklich so verrückt? Leider nicht. Aber eben, weil er in seinem Wahn so konsequent ist bringt dieser zur Erscheinung, woraus der ganz normale tägliche Irrsinn seit langem besteht. Deshalb muss er mit allen Mitteln als völlig verrückt abgestempelt werden.