Mittwoch, 14.10.2020 / 19:34 Uhr

Iran-Sanktionen: Ein schlechter Tag

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Aus dem Netz

Der Direktor des American Jewish Committee (AJC) in Berlin, Remko Lemhuis, schreibt über die anstehende Aufhebung des Waffenembagos gegen den Iran in der NZZ:

Der 18. Oktober 2020 wird ein schlechter Tag für den Nahen Osten – eine Region, der es wahrlich nicht an solchen Tagen mangelt. An diesem Datum endet, ohne dass die breite Öffentlichkeit davon Kenntnis nimmt, das Uno-Waffenembargo gegen Iran. Zwar hat sich das iranische Regime von diesen Sanktionen in den vergangenen Jahren nur wenig beeindruckt gezeigt und entsprechendes Material illegal importiert und exportiert. Ab Mitte dieses Monats kann es dies allerdings legal tun – eine katastrophale Nachricht für die Region und insbesondere für die Sicherheit Israels.

Iran wird ab diesem Zeitpunkt, mit freundlicher Unterstützung aus Peking und Moskau, die Möglichkeit haben, ganz legal hochmoderne Waffen zu kaufen, von denen es wegen der Sanktionen bisher abgeschnitten war. Damit werden dann vermutlich nicht nur die eigenen Streitkräfte modernisiert, sondern ebenso eine ganze Anzahl von irregulären schiitischen Milizen in der Region ausgerüstet.

Gerade China wird nicht zögern, Iran entsprechendes Material zur Verfügung zu stellen. Die Herrscher in Peking betrachten den Nahen Osten schliesslich als ihr Einflussgebiet, und durch die Unterstützung Irans und seiner unzähligen Milizen kann das kommunistische Regime die amerikanische Dominanz in der Region schwächen, ohne selbst aktiv zu werden.

Neben diesen geo- und sicherheitspolitischen Auswirkungen steht der Tag auch symbolisch für das Scheitern der europäischen Nahostpolitik. Es ist eine selbst beigebrachte Niederlage, da das Auslaufen des Embargos Teil des Atomdeals war, den neben den fünf ständigen Mitgliedern des Uno-Sicherheitsrates auch Deutschland und die Europäische Union mit Iran im Jahr 2015 in Wien geschlossen hatten. Dieser Deal war seinerzeit nicht mehr als eine Wette auf die Zukunft, denn, so war damals allenthalben zu vernehmen, das Abkommen würde Zeit verschaffen und es ermöglichen, mit Iran auch über andere problematische Aspekte, hier vor allem die regionale Politik, ins Gespräch zu kommen. Auch verbarg sich dahinter die vage Hoffnung, dass das Regime in Zukunft moderater werde.