Donnerstag, 01.04.2021 / 12:59 Uhr

Syrien: Systematische Massenenteignungen

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Auf Qantara beschreiben Stefan Buchen und Sulaiman Tadmory, wie in Syrien eine gezielte Massenenteignung stattfindet, die man auch als ethnische Säuberung gegen die sunnitische Merheit bezeichnen könnte:

In seinen bevölkerungspolitischen Äußerungen meidet der Diktator zwar das Wort "Sunniten". In seiner Selbstdarstellung bezeichnet sich das Regime nach wie vor als "überkonfessionell" und dem religiösen Pluralismus verpflichtet. Tatsächlich stehen viele sunnitische Angehörige der Mittel- und Oberschicht, zum Beispiel wohlhabende Kaufleute in Damaskus und Aleppo, loyal zum Regime. Und doch ist klar, dass der Diktator nichts anderes meint, als den Anteil der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit zu verringern. Rund drei Viertel der mehr als 20 Millionen Syrer sind Sunniten. Ihr Anteil unter den Geflüchteten ist noch höher.

Mehr als zehn Millionen Syrer leben nicht mehr da, wo sie 2011, zu Beginn des Konflikts, wohnten. Etwa die Hälfte der Vertriebenen hat Zuflucht in den wenigen Gebieten Syriens gefunden, die das Regime bislang nicht zurückerobern konnte, vor allem in der nordwestlichen Provinz Idlib. Die andere Hälfte, also ca. fünf Millionen Menschen, ist ins Ausland geflüchtet. Das Regime will ihre Rückkehr verhindern.

Neben strategisch wichtigen kleineren Orten wie Palmyra und Qusair trifft die Vertreibungs- und Enteignungspolitik bevölkerungsreiche Viertel an den Rändern der Großstädte Damaskus, Aleppo und Homs. Hier konzentrierten sich die ärmeren Segmente der sunnitischen Bevölkerung, die vor 2011 aus den ländlichen Gebieten in die Randzonen der Städte gezogen waren. Über Jahre waren Viertel wie al-Goutha östlich der Hauptstadt Damaskus Hochburgen des Aufstandes gegen das Assad-Regime. Nun, nachdem das Regime diese Gebiete zurückerobert hat, will es die Immobilien an seine Unterstützer verteilen: Offiziere, Soldaten, Milizionäre, loyale Geschäftsleute.