Montag, 18.07.2022 / 14:25 Uhr

Blick zurück: "Houla, FAZ, Spiegel, Massaker"

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Bildquelle: Rosa Luxemburg Stiftung

Vor zehn Jahren, im Sommer 2012, passierten in Syrien die ersten großen Explosionen in Damaskus, wo ausgerechnet eines der am besten bewachten Geheimdienstgebäude in die Luft flog.

Es war auch die Zeit, in der plötzlich alle von Al Qaida redeten und wie islamistisch die syrische Opposition doch sei. Damals war den wenigstens bekannt, dass das Regime - und keineswegs nur Saudi Arabien und die Türkei - maßgeblich mitgeholfen hatte, dass dies so passierte, indem es prominente Jihadisten aus den Gefängnissen entließ, so auch Abu Musab al Suri, der dann später eine so wichtige Rolle spielen sollte.

Über zumindest zwei der Freigelassenen heißt es: "Upon their release, they emerged as leaders of two groups of armed fighters that were to become the most powerful actors of all in the Syrian uprising."

2012 jedenfalls war das Jahr, in dem sich bis dahin weitgehend friedliche Proteste, die regelmäßig vom Regime zusammengeschossen und deren Teilnehmerinnen und Teilnehmer reihenweise in Assads Folterknästen verschwanden, in einen bewaffneten Aufstand verwandelten, der zunehmend unter Kontrolle islamistischer Akteure geriet. Dies genau lag im Interesse des Regimes, um sich so als säkulare Hochburg international präsentieren zu können.

Derweil gingen die Massaker weiter, etwa in Houla - wer erinnert sich heute noch daran? - und mit ihnen die Lügen des Regimes.

Dazu schrieb Oliver M. Piecha an dieser Stelle vor zehn Jahren:

"Wer weiß noch, was mit Houla war? Genau, ein paar Massaker im syrischen Bürgerkrieg früher, da ist doch etwas in dieser Ansammlung von Dörfern in der Nähe von Homs passiert? Da sind nämlich über 100 Zivilisten umgebracht worden. Und wir erinnern uns: entgegen der Weltmeinung, die das Assadregime verantwortlich sah, waren es seltsamerweise nur Verschwörungstheoretiker und Rainer Hermann von der FAZ, die zu wissen glaubten, die Aufständischen hätten sich hier quasi selber umgebracht (die Welt hat sich dieser Version später etwas lahm ein bißchen angeschlossen).

Der Spiegel hat nun etwas Sinnvolles getan, zumal auch noch etwas, was die deutsche Presse im Gegensatz zu ihren internationalen Kollegen so gar nicht mag: Statt sich brav dem Regime anzuvertrauen, anzufragen, wohin man denn fahren darf und wohin nicht, um am Schluß dann genau das aufzuschreiben, was bei dieser Art von journalistischem Selbstverständis fast zwangsläufig heraus kommen muß, sind zwei Leute vom Spiegel einfach ins befreite und vom Regime belagerte Houla gefahren und haben Augenzeugenberichte aufgeschrieben und per Video dokumentiert.

Woher die ominösen Augenzeugen des Rainer Hermann & Co womöglich kommen, wird dabei an einer Stelle zumindest angedeutet:

Colonel Mohammed Tayyib Baqur, who served in the Syrian army for two-thirds of his life and deserted a few weeks ago, worked most recently in the political division of the Defense Ministry. He now reports that, on May 28, he received a call from Jamil Hassan, the head of Syrian Air Forces intelligence and one of the leading members of the regime: “He told me to come in on June 2. He pointed out that I was from Houla, and that an international conspiracy against Syria was underway. For that reason, he wanted me to find a few people, as poor as possible, from Houla or the surrounding area. I was to bring them to Damascus so that they could circulate the regime’s version of the massacre. He said that the people from Houla would be paid, and so would I. Then he called his office manager and told him to give me 25,000 Syrian pounds.” This is the equivalent of slightly more than €300 or roughly $385."