Aus Deutschland abgeschobene Jesiden ohne Zukunft im Irak

Jesidin in einem Camp im Nordirak, Bild: Basma Aldikhi
Deutschland schiebt vermehrt Jesiden in den Irak ab, ohne auf deren besondere Verfolgungsgeschichte Rücksicht zu nehmen.
Seit einiger Zeit schiebt Deutschland vermehrt Jesiden in den Irak ab, die nach 2014 ins Land gekommen waren, nachdem die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) ihre Gebiete erobert, Tausende Männer massakriert und Tausende Frauen und Kinder verschleppt hatte. Viele wurden auf Sklavenmärkten verkauft und von ihren neuen »Besitzern« als Sexsklaven missbraucht. Auch Jahre nachdem der IS militärisch besiegt werden konnte, gelten Tausende von ihnen noch als vermisst. Die im Irak Verbliebenen leben heute noch meist in prekären Verhältnissen in Flüchtlingslagern im Norden des Landes.
Deutschland gilt mit ca. 250.000 Angehörigen nach dem Irak als zweitgrößte Heimat der Jesiden. Trotz der Anerkennung ihrer Verfolgung als Völkermord durch den deutschen Bundestag Ende 2023 und ungeachtet der Bemühungen des Obersten Geistlichen Rats der Jesiden, wegen deren Historie Sonderregelungen zu erwirken, schiebt der deutsche Staat vermehrt Jesiden in den Irak ab. Für die deutschen Behörden gelten sie einfach als Iraker; ihre besondere Geschichte als eine Minderheit, die nur um ein Haar der Ausrottung durch den IS entgangen ist, spielt keine Rolle.
Wie in einem Artikel in Kirkuk Now beschrieben wird, erwarten die aus Deutschland Abgeschobenen ein elendes Leben. Vielfach müssen sie in jene Lager zurückkehren, aus denen sie sich einst Richtung Deutschland auf den Weg gemacht haben. Mangelnde Arbeitsmöglichkeiten, zerstörte Infrastruktur und fehlende staatliche Unterstützung kennzeichnen ihren Alltag. Von den über 600.000 Flüchtlingen in den Lagern für Binnenflüchtlinge im Nordirak sollen rund 30 Prozent Jesiden sein.
Von der irakischen Regierung haben sie nichts zu erwarten. Die Regierung stellt zwar den in den Irak rückgeführten Flüchtlingen ein Stück Land und einen bestimmten Geldbetrag zur Verfügung, was aber nicht für die Gebiete der kurdischen Regionalregierung in der Autonomen Region Kurdistan gilt – und somit auch nicht für die zurückgekehrten Jesiden.
Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch