Die Hisbollah und der Krieg zwischen Israel und dem Iran

Im Krieg zwischen Israel und dem Iran hielt die Hisbollah sich zurück.
Nach dem israelischen Angriff auf das iranische Atomprogramm und den Verlusten, die Teheran erlitten hat, befindet sich die Hisbollah in einer schwierigen Lage: eingeklemmt zwischen ihren internen Problemen und der Möglichkeit einer Intervention bei dem andauernden Konflikt.
Seit dem letzten Krieg im Libanon bietet die interne Lage des Landes jedoch keinen Nährboden für neue militärische Abenteuer. Unter den massiven Verlusten, welche die Hisbollah erlitten hat, wäre vor allem die Tötung eines Großteils ihrer politischen und militärischen Führer zu nennen, darunter ihr langjähriger Generalsekretär Hassan Nasrallah, und die weitreichende Zerstörung ihrer Infrastruktur im Süden des Landes. Der Wiederaufbau dieser Regionen, aus denen viele Einwohner vor den Kriegshandlungen geflohen sind, ist politisch an Bedingungen geknüpft, da die Geberländer jegliche Finanzhilfen an eine Entwaffnung der Hisbollah und eine Änderung ihrer Positionierung knüpfen.
So hat die aktuelle Lage denn auch zu Krisen innerhalb der schiitischen Gemeinschaft geführt, die die Hisbollah unterstützt, welche begonnen hat, die Kosten des Konflikts und die Durchführbarkeit einer Fortsetzung der Konfrontation in ihrer derzeitigen Form zu überprüfen.
Reaktion der Hisbollah
Diese aktuellen Umstände haben sich auch auf den Umgang der Hisbollah mit dem Konflikt zwischen Israel und dem Iran ausgewirkt. In einer Erklärung verurteilte die Hisbollah zwar die israelischen Luftangriffe und bekundete ihre uneingeschränkte Solidarität mit dem Iran, zugleich erklärte ein Vertreter der Terrororganisation am vergangenen Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters aber auch, die Partei werde keinen einseitigen Angriff auf Israel als Reaktion starten.
Währenddessen kündigte das libanesische Außenministerium an, Anstrengungen zu unternehmen, um dem Land »jegliche negative Auswirkungen« des Konflikts zu ersparen. Informierte Quellen teilten dem saudischen TV-Sender Al Arabiya mit, die libanesische Regierung habe die Hisbollah am vergangenen Freitag über ihre Weigerung informiert, den Libanon in eine Reaktion auf den israelischen Angriff auf den Iran hineinziehen zu lassen.
Am Montag erklärte dann der stellvertretende Vorsitzende des politischen Rats der Hisbollah, Mahmoud Qamati, jedoch, die Hisbollah werde »ihre nationale Pflicht nicht aufgeben, wenn sich herausstellen sollte, dass der libanesische Staat nicht mehr in der Lage oder willens ist, den anhaltenden israelischen Angriffen entgegenzutreten«. Qamati bezog sich dabei zwar nicht auf den aktuellen Krieg mit dem Iran, sondern auf die Angriffe, die Israel seit dem Waffenstillstand gegen seine Partei führt. Seine Erklärung löste jedoch Ängste im Libanon aus.
Propaganda
In diesem Zusammenhang beruhigt Imad Salama, Professor für Politikwissenschaft und internationale Beziehungen an der Libanesisch-Amerikanischen Universität, dass »die Drohungen der Hisbollah-Funktionäre nichts weiter sind als ein verzweifelter Versuch, die Partei als noch relevante Kraft darzustellen, obwohl sie faktisch kurz vor dem totalen Zusammenbruch steht«. Die Hisbollah habe den Großteil ihrer militärischen Ressourcen verloren: So wurde ihr Waffenarsenal durch konzentrierte israelische Angriffe zerstört, ihre Versorgungslinien aus Syrien wurden unterbrochen und ihre Feldkommandeure systematisch eliminiert.
Und auch die Unterstützung durch den Iran hat »aufgrund internen und externen Drucks auf Teheran, zuletzt durch israelische Angriffe, erheblich abgenommen, was die Partei in eine beispiellose strategische Isolation gebracht hat«. Daher glaubt Salama, dass »die Drohungen, die wir heute hören, nichts anderes sind als eine Form von Medienpropaganda, die darauf abzielt, die reale Lage der Partei zu verschleiern«.
Der Politologe Elias al-Zoghbi kann hingegen erklärte gegenüber dem US-Sender Al-Hurra, die Terrorgruppe erhalte »direkte Befehle aus Teheran und erfülle dessen Forderungen ohne Widerrede, aber ihre militärischen Fähigkeiten seien nicht mehr das, was sie einmal waren«.
Seit dem Waffenstillstandsabkommen im November letzten Jahres seien mehr als zweihundert ihrer Kämpfer getötet und wichtige Stützpunkte zerstört worden, ohne dass die Partei auf diese israelischen Schläge reagiert hätte, dies aber nicht »nicht aus Verpflichtung gegenüber dem Abkommen, sondern aufgrund des Zusammenbruchs ihrer Raketen- und Drohnenkapazitäten«. Auch al-Zoghbi glaubt letztlich, dass sich die Hisbollah an dem aktuellen Krieg nicht beteiligen werde, und fügte optimistisch hinzu: »Dieses Szenario könnte eine Chance sein, die positive Neutralität des Libanons zu erreichen, wie sie in der Antrittsrede des libanesischen Präsidenten Joseph Aoun (im Januar letzten Jahres) festgelegt wurde.«
Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch