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Autonome Aktionen

EU-Armee. Am Beginn des Irakkriegs hatten einige EU-Staaten erklärt, endlich auch eine schlagkräftige europäische Armee aufbauen zu wollen. Nun hat die Bundesregierung sich offen für eine eigenständige europäische Militärplanung ausgesprochen. Die EU solle unabhängig von der Nato zu »autonomen Aktionen von der Planung bis zur Durchführung« fähig werden, zitierte die Berliner Zeitung am vergangenen Samstag einen Regierungssprecher. Niemand habe vor, sich von der Nato zu trennen. Es müssten aber Strukturen und Stäbe geschaffen werden, um gegebenenfalls eigenständiges militärisches Handeln der beteiligten EU-Staaten zu ermöglichen, heißt es in dem Bericht weiter. Welchen Zweck dann aber noch die Nato erfüllen soll, bleibt das Geheimnis des Berliner Kanzleramts.

Auf ihrem Gipfeltreffen Ende April in Brüssel wollen Deutschland, Frankreich, Belgien, Griechenland und Luxemburg über eine engere Militär- und Rüstungskooperation reden. Bislang scheiterte sie an der britischen Regierung, die ein Konkurrenzprojekt zur Nato auf jeden Fall verhindern will. So hatte sich Großbritannien auf dem EU-Gipfel von Nizza vor zwei Jahren gegen einen autonomen europäischen Planungsstab ausgesprochen. Stattdessen wurde vereinbart, den Nato-Stab bei Brüssel auch für EU-Militärmissionen wie derzeit in Mazedonien zu nutzen.

Ende März hatten der deutsche Außenminister Joseph Fischer und sein französischer Kollege Dominique de Villepin jedoch vorgeschlagen, das Vetorecht einzelner EU-Staaten in Fragen der Verteidigung abzuschaffen, und damit angedeutet, dass auch eine Lösung ohne Großbritannien möglich sei.

Das Empire kauft ein

EU-Rüstungsindustrie. Während Old Europe angestrengt überlegt, wie es seine Rüstungsindustrie besser vernetzen kann, kauft die US-Konkurrenz bereits die Firmen weg. So wird die US-amerikanische Carlyle-Gruppe voraussichtlich gemeinsam mit dem italienischen Finmeccanica-Konzern den Flugzeugbauer Fiat Avio übernehmen. Das Unternehmen ist ein wichtiger Zulieferer für Militärflugzeuge und produziert Triebwerksteile für den Eurofighter und den Truppentransporter Airbus A 400, das derzeit wichtigste europäische Rüstungsprojekt. In den vergangenen Jahren wurden bereits unter anderem der U-Boot-Bauer Howaldtswerke-Deutsche Werft AG und der spanische Lizenzfertiger für Leopardpanzer, Santa Barbara Blindados, von US-amerikanischen Rüstungsunternehmen übernommen.

Heimatschützer und Beitreter

Ungarn. Seit Monaten versucht die ungarische Regierung, ihre Bevölkerung für den EU-Beitritt zu begeistern. Allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Zwar stimmten am vergangenen Wochenende knapp 84 Prozent für den Beitritt, doch die Beteiligung betrug nur 45 Prozent. In Slowenien hatten im Monat zuvor 90 Prozent der Bürger den Beitritt begrüßt.

Das geringe Interesse an dem Referendum liegt auch daran, dass nach Meinung vieler Ungarn der Beitritt faktisch schon vollzogen ist. Fast drei Viertel der ungarischen Exporte gehen in die EU, etwa die Hälfte des Bruttosozialprodukts werden von Unternehmen mit vornehmlich europäischer Kapitalbeteiligung erzeugt. In zehn bis fünfzehn Jahren, so hofft zumindest die Regierung in Budapest, könne das Land den Lebensstandard des westlichen Europa erreichen. Derzeit verdienen die Ungarn durchschnittlich halb so viel wie die Beschäftigten in den alten EU-Staaten.

Zu der miesen Stimmung vor dem Referendum haben allerdings auch zahlreiche Gruppen beigetragen, die dem EU-Beitritt feindselig gegenüberstehen. Erklärte Gegner des Beitritts wie die »Ungarische Bewegung zum Schutz der Heimat«, die »Bewegung für ein freies Ungarn« und die »Bewegung für ein besseres Ungarn« fanden mit ihrer Botschaft, der Beitritt mache Ungarn zu einer »Kolonie« des Westens und zerstöre die Wirtschaft, vor allem in ländlichen Regionen Resonanz.

Verstörte Volksgruppe

EU-Osterweiterung. Mit großen Worten hat das Europäische Parlament der Aufnahme von zehn zumeist osteuropäischen Staaten zugestimmt. »Die Zeit der Erweiterung ist gekommen«, erklärte Parlamentspräsident Pat Cox zwar am vergangenen Mittwoch in Strasbourg feierlich. Doch einige deutsche Abgeordnete versuchen weiterhin, den tschechischen Beitritt zu verhindern. Fast gleichzeitig mit der Entscheidung in Strasbourg hat der Sprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft, der bayerische Landtagspräsident Johann Böhm (CSU), eine »feierliche Rechtsverwahrung« eingelegt. Er begründet diesen Schritt damit, dass in der tschechischen Rechtsordnung noch immer Vorschriften verankert seien, die »völker- und menschenrechtswidrige Handlungen und Rechtsakte anordnen oder rechtfertigen«.

Mit diesem Argument stimmten am vergangenen Mittwoch die zehn CSU-Europaabgeordneten geschlossen gegen den tschechischen EU-Beitritt. Auch fünf CDU-Vertreter sagten nein, neun enthielten sich eines Votums. Böhm kommt in seiner »Rechtsverwahrung« zu dem Schluss, dass die Vertreibung den Zweck hatte, die »Identität« der Sudetendeutschen als Volksgruppe zu zerstören, und deshalb von einem »Genozid« zu sprechen sei.