Lucy in the Sky With Diamonds

LSD zum Sechzigsten

»Im Vergleich zum Tiger Meskalin ist LSD lediglich eine Katze«, sagte Ernst Jünger zu Albert Hofmann, nachdem er eine relativ schwache Dosis verabreicht bekommen hatte. Bei einem späteren und wesentlich intensiveren Trip revidierte Jünger diese Behauptung.

Aber von Anfang an: Was hatte sich der Weltgeist denn da am 19. April 1943 wieder einfallen lassen? Während Adolf Hitler in seinen Geburtstag reinfeierte und die Welt in Schutt und Asche gelegt wurde, unternahm ein ganz normaler Chemiker in der Schweiz einen folgenschweren Selbstversuch. In den Aufzeichnungen Albert Hofmanns liest sich das so:

»19.IV. / 16.20: 0,5 cc. von 1/2-promilliger wässeriger Tartrat-Lösg. v. Diäthylamid peroral = 0,25 mg Tartrat. Mit ca. 10 cc. W. verdünnt geschmacklos einzunehmen

17.00: Beginnender Schwindel, Angstgefühl. Sehstörungen. Lähmungen, Lachreiz.

Ergänzung: Mit Velo nach Hause. Von 18- ca. 20 Uhr

am 21. IV.: schwerste Krise (siehe Spezialbericht)«

Die wohl für Albert Hofmann eigentümlichste Fahrradfahrt seines Lebens sollte nicht nur für ihn schwere Folgen haben. Unbestreitbar hat LSD sein Leben – und das einiger anderer – in eine vollkommen neue Bahn gelenkt.

Albert Hofmann, dieser von der Erscheinung her konservative Mensch mit einem freundlichen Lächeln, war und ist ein seriöser Chemiker. Kein groovy Hippie, der LSD in den Himmel lobt, sondern stets Chancen und Gefahren der Droge gegeneinander abwägte. Hofmann verfolgte einen scheinbar elitären Ansatz, nach dem diese mächtige Substanz nur an ausgewählte Personen verteilt werden sollte: Künstler, Psychologen, Schriftsteller, Politiker usw.

Sein späterer Mit- und Gegenspieler Timothy Leary war da ganz anderer Ansicht. Der Harvard-Professor wollte allen das große Gehirnkarussell zeigen, damit die Welt endlich besser werde. Jeder sollte LSD nehmen, dann ganz tief ins Unterbewusstsein abtauchen, um sich schließlich von der Gesellschaft für immer zu verabschieden. Doch wie manch anderer Versuch der Weltverbesserung war auch dieser sehr bald gescheitert. Dafür kann LSD aber nichts.

Stattdessen suchte sich diese Substanz ihren eigenen Weg und manifestierte sich in Musik, Kunst und Film. Bob Dylan hätte ohne LSD ein paar seiner besten Songs nicht geschrieben, Grateful Dead hätte es so nie gegeben, man hätte auf John Coltranes LSD-Phase verzichten müssen, Der Plan hätte viele Lieder nicht aufgenommen, die Beatles, Velvet Underground, Coil, die Residents undundund. Kurz: Ohne LSD wäre die Geschichte der Popmusik nur halb so spannend verlaufen.

Das Schlusswort bekommt trotzdem ein Schauspieler. Cary Grant: »Ich mag eigentlich keine Drogen, aber LSD hat mir sehr gut getan.«

sebastian fenn