Dschungelbuch

Lesen ist wie Fanta trinken ...

... und wenn man Cola lieber mag, dann haben die Bücher Pech gehabt.

Warum ich nicht lese? Ich muss gestehen, ich habe keine Ahnung. Es hat wohl keinen besonderen Grund. Es steckt dahinter kein Entschluss, ich hab es auch nicht aufgegeben, ich hab es ja nicht einmal angefangen. Ich tu es einfach nicht. Keine große Sache. Sollte man eigentlich meinen.

Nur gilt das Lesen, also das Lesen von Romanen vor allem, als besonders hochwertiger Zeitvertreib. Wer sich dem verschließt, kann in Erklärungsnot geraten und muss sich seltsamen Aufgaben stellen: Warum ich also nicht lese? Die bessere Frage wäre eigentlich, warum ich diesen Auftrag angenommen habe.

Diese Frage wurde aber nicht gestellt, sowieso sind die Antworten auf beide Fragen nicht besonders interessant. Soviel dazu.

Vielleicht hilft vorerst eine Bestandsaufnahme weiter. Also, jeden Tag lese ich zwei Tageszeitungen im Durchschnitt zur Hälfte durch, sowie ab und an Trendmagazine mit hohem Fotoanteil. Aber beides zählt offenbar nicht und fällt damit untern Tisch. Okay. Wie wär's denn damit? Ich lese nur sehr gute Bücher. Doch da ich mich auf dem bekanntermaßen unübersichtlichen Buchmarkt leider gar nicht auskenne und Buchrezensionen ebenso gleichmütig wie leidenschaftslos überblättere, weiß ich nicht, was gute Bücher sind.

Das Lesen muss mir also daher verschlossen bleiben. Das klingt doch sehr logisch. Dagegen spricht: Ich lese ungefähr drei Bücher pro Jahr. Leseprofis haben mir glaubhaft versichert, dass dies relativ wenig sei, was mir sofort einleuchtete, sonst hätte man mich wohl nicht dazu verpflichtet, diesen komischen Text zu schreiben. Der verliert übrigens zusehends an Sinn. Vermutlich uneinholbar, aber ich drehe mich an dieser Stelle im Kreis. Fakt ist jedenfalls: Ich lese eigentlich nur im Zug. In Zügen gibt es in der Regel keine Fernseher und zu ungemütlich zum Schlafen sind sie auch. Ich fahre aber nur selten Zug. Ungefähr vier Mal in zwölf Monaten. Eventuelle Flugreisen ließen sich an dieser Stelle noch großzügig hinzuaddieren, doch Überlandflüge haben sich bislang als untauglich erwiesen, meine ruhende Leselust maßgeblich anzuregen.

Das durch und durch Widersprüchliche und Verwirrende an dieser Angelegenheit ist allerdings folgender Umstand: Wenn ich ein Buch lese, lese ich es meist sehr schnell. Wenn ich ein Buch dann durch hab, dann weiß ich nicht, was ich damit anfangen soll. Vielleicht sind Bücher in meinem Fall nur ein Endlagerungsproblem, ein verkapptes Müllproblem sozusagen, da es sich bekanntlich nicht schickt, die Dinger ins Altpapier zu geben. Nach meinem Dafürhalten sind nämlich Bücher als Objekte sehr unschön, die paar, die ich besitze, habe ich gründlich in Kartons verstaut. Noch ist das Problem aus verständlichen Gründen überschaubar. Doch in zehn Jahren ... Mir ist zwar durchaus die Erfindung des Bücherregals bekannt, doch Bücherregale sind so belastend. Staubig und schwer. Vielleicht sollte ich die Bücher einfach ins Antiquariat tragen. Ich muss allerdings hinzufügen, dass ich Bibliotheken recht schick finde. Doch wer kann sich schon daheim eine Bibliothek leisten? Ich jedenfalls noch nicht.

Es gibt übrigens eine ganze Menge Dinge, die ich nicht tue. Ich gehe zum Beispiel nie zum Fußball, gehe sonntags nicht in die Kirche und unter der Woche nicht ins Theater. Ich spiele kein Squash, kein Billard und keinen Skat. Ich fahre nicht Rollschuh, besitze keine Inline Skater und auch kein Aquarium. Ich tanke nicht bleifrei, denn ich habe leider kein Auto. Ich ernähre mich nicht vegetarisch, esse kein Nutella und auch keinen Döner. Ich mache kein Yoga, keine Handarbeit und betreibe keinen Kampfsport. Ich surfe nicht. Ich fotografiere nicht, obwohl ich Fotoapparate habe. Ich hänge mir keine Bilder an die Wand und an den Wänden habe ich keine Tapeten. Ich kann Zartbitterschokolade nicht leiden und habe keine Vorhänge vor den Fenstern.

Ich schaue nie die Nachrichten, für die U-Bahn kaufe ich mir nur unregelmäßig Tickets. Ich kann mich selten an Namen erinnern, versuche das aber so gut es geht zu verbergen. Ich gehe selten zu Ausstellungen und kenne die Sehenswürdigkeiten meiner Stadt nur aus der Zeitung. Manchmal gehe ich nicht aus, manchmal bleibe ich nicht daheim. Ich arbeite nicht als DJ. Ich meide Flohmärkte und finde Weihnachtsgeschenke zu anstrengend. Ich spiele kein Instrument, ich besitze kein Pferd und sammle weder Briefmarken noch Münzen noch Autogramme. Ich gehe jeden Tag essen, obwohl selber kochen billiger ist. Ich kaufe meine Pullis nicht bei Benetton, obwohl ich die neue Werbekampagne super finde. Ich habe kein Handy, obwohl die Dinger wahnsinnig praktisch sind. Ich meditiere nicht, weil meditieren mir zu langweilig ist. Ich habe keinen Flugschein, langen Busfahrten versuche ich zu entgehen. Ich gehe nie in Jim-Jarmusch-Filme, ich fahre kein Skateboard, vermutlich, weil ich es nicht kann. Ich trinke keine Fanta. Dafür gibt es allerdings keinen besonderen Grund. Wenn ich Durst habe, bestelle ich mir nur immer etwas anderes. Es ist wie mit dem Lesen. Fanta ist so gesehen die Belletristik unter den Softdrinks. Ich trinke Cola. Das ist das ganze Geheimnis.