Gegen den französischen Unternehmer Vincent Bolloré wird wegen der Korrumpierung ausländischer Amtssträger ermittelt

Geschäfte unter Freunden

Gegen Vincent Bolloré, einen der einflussreichsten Unternehmer Frankreichs, wird unter anderem wegen Korruption ermittelt. Er soll ausländische Amtsträger bestochen und vor allem in Guinea und Togo die Politik zu seinen Gunsten beeinflusst haben.

Damit hatten die Herrschaften wohl nicht gerechnet: In der letzten Aprilwoche verbrachten der Multimilliardär Vincent Bolloré, der als einer der einflussreichsten Unternehmer Frankreichs gilt, und zwei führende Manager seines Konzerns 48 Stunden in Polizeigewahrsam. Schließlich erfuhren sie, dass ein Strafverfahren gegen sie eingeleitet wurde.

Bis dahin schien es, als sei für Bolloré Straflosigkeit garantiert. Der 66jährige hatte in der Tabakverarbeitung begonnen, später kamen Geschäfte im Transport- und Infrastruktursektor hinzu – vor allem in französischsprachigen afrikanischen Ländern –, in den vergangenen vier bis fünf Jahren dann auch im Medienbereich. Er selbst  versuchte mit zahlreichen Prozessen, all diejenigen mundtot zu machen, die auf Menschenrechtsverletzungen seiner Unternehmen aufmerksam machten, sei es auf den Bananenplantagen in Kamerun, an denen er über eine Tochterfirma beteiligt ist, oder durch land grabbing in Ländern wie Liberia und Kambodscha. Etwa 20 Prozesse strengte er in den vergangenen Jahren gegen Medien an, die kritisch über seine Geschäftspraktiken berichteten, vom kleinen alternativen Magazin Basta Mag bis zu auflagestarken Wochenmagazinen wie L’Obs und Le Point.

Bolloré hatte mit zahlreichen Prozessen versucht, all diejenigen mundtot zu machen, die auf Men­schen­rechtsverletzungen seiner Unternehmen aufmerksam machten.

Regelmäßig verlor er diese Prozesse zwar, doch sie sorgten für eine Selbstzensur bei jenen Medien, die aus wirtschaftlichen Gründen nicht das Risiko eingehen wollten, verklagt zu werden. Eine Zeitschrift wie das Basta Mag hätte allein durch die Verfahrens- und Anwaltskosten pleite gehen können. Es wurde in seinem Streit mit Bol­loré allerdings von vielen unterstützt, auch finanziell. 2016 und 2017 gewann das Magazin die Prozesse, die Bolloré wegen »übler Nachrede« angestrengt hatte.

Nun scheinen staatliche Strafverfolgungsbehörden den Journalisten und NGOs, die Bolloré seit Jahren kritisierten, darunter Sherpa und Greenpeace, recht zu geben. Sie nahmen Ermittlungen gegen ihn wegen Finanzdelikten und »aktiver Korrumpierung ausländischer Amtsträger« auf. Die Ermittlungen beruhen auf Dokumenten, die bei einer Durchsuchung des Firmensitzes in La Défense bei Paris im April 2016 beschlagnahmt und akribisch ausgewertet wurden, darunter Terminkalender und Aufzeichnungen von Führungskräften.

 

Ins Rollen kamen die Ermittlungen sicherlich auch, weil das Firmenimperium Bollorés sich mit einem anderen privaten französischen Unternehmen angelegt hatte: Das Logistikunternehmen Neotrans hatte sich von Bolloré benachteiligt gefühlt. Im Jahr 2013 waren Angestellte von Neotrans gewaltsam aus dem Hafen der guineischen Hauptstadt Conakry vertrieben worden, in dem das Unternehmen zuvor ein Containerterminal unterhalten hatte. Dort hielt daraufhin Bolloré Einzug. Wie im Laufe der Ermittlungen festgestellt wurde, hatte Bolloré auf viele politische Entscheidungen in der Republik Guinea unmittelbar Einfluss genommen, wie auch in anderen Staaten, vor allem in Westafrika.

In Guinea hatte der Bolloré-Konzern 2010 den damaligen Präsidentschaftskandidaten und derzeitigen Staatspräsidenten Alpha Condé finanziell unterstützt. Die Aktivitäten reichten von der Zahlung von 70 000 Euro für den Druck von Condés in Paris veröffentlichtem Buch »Ein engagierter Afrikaner. Was ich für Guinea möchte«, das ihm ein staatsmännisches Image ­verleihen sollte, bis zum Bau des ersten Kinokomplexes in der Hauptstadt Conakry, Canal Olympia, dessen Eröffnung Condé bei der Jugend beliebt machen sollte. Er ist der erste halbwegs demokratisch gewählte Präsident Guineas seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1958. Doch Condé, der früher zeitweilig im französischen Exil lebte und damals noch als Sozialdemokrat galt, zeigt als Präsident immer stärker autoritäre Tendenzen. Die 2011 angenommene neue Verfassung verbietet ihm eine weitere Amtszeit nach 2020, doch Condé stellte in den vergangenen Monaten offen in Frage, dass er dann wirklich abtreten werde.

In Togo unterstützte Bolloré offen einen brutalen Diktator. Der amtierende Präsident Faure Gnassingbé kam 2005 an die Macht, nachdem sein Vater Eyadema Gnassingbé, der seit 1963 ­regiert hatte, verstorben war. Anlässlich der Wahl des Präsidentensohns 2005 kam es zu Massenprotesten wegen Wahlbetrugs, rund 800 Menschen starben, als diese niedergeschlagen wurden. Bei seiner ebenfalls manipulierten Wiederwahl im Frühjahr 2010 hatte Faure Gnassingbé französische Imageberater auf seiner Seite, mit deren Hilfe er sich als moderater und demokratischer Staatsmann darstellte. 800 000 Euro berechnete ihm dafür die französische Consultingfirma Euro RSCG, die dem ehemaligen IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn nahesteht. Die Honorare wurden offiziell heruntergehandelt und direkt von Bolloré bezahlt.

Seine herausragende ökonomische Stellung hat Bolloré bereits seit längerem eingebüßt. Die Akquisitionen im Mediensektor erwiesen sich zum Teil als Misserfolge, und Bolloré hat angekündigt, ab 2022 aus dem Wirtschaftsleben auszusteigen und seine Kinder übernehmen zu lassen. Bolloré ist nicht die einzige Führungskraft aus Wirtschaft und Politik, gegen die mittlerweile ermittelt wird. Ein prominenter Duzfreund Bollorés, dem er 2007 seine Privatyacht lieh – was eine politische Affäre auslöste –, musste Ende März ebenfalls zwei Tage in Polizeigewahrsam verbringen: der ehemalige Präsident Nicolas Sarkozy. Ihm wird vorgeworfen, er habe zu seiner Zeit als Innenminister unter Jacques Chirac vom damaligen ­libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi bis zu 70 Millionen Euro angenommen, um für diesen Geschäfte mit Frankreich einzufädeln. Das Geld soll Sarkozy auch für seinen Präsidentschaftswahlkampf genutzt haben. Er muss nun mit einer Anklageerhebung rechnen.