Kritische Astrologie - Der Hardliner und seine Macht über unser Leben

Eyeliner statt Hardliner

Kolumne Von Leo Fischer

Wie immer, wenn’s mal wieder rumpelt im Nahen beziehungsweise »Mittleren« (Taz) Osten, beginnt in Deutschland die Zeit der messerscharfen politischen Analysen. Pfeilgrad enttarnte die Süddeutsche ­Zeitung einen jahrzehntelang für sie tätigen Karikaturisten als Antisemiten und entließ ihn sogleich aus ihren Diensten, so dass die Zeitung nun zum ersten Mal seit ihrer Gründung einen gänzlich antisemitenfreien Mitarbeiterstab unterhält – wir spenden kurz Applaus. Bei der Taz hin­gegen scheut man vor allzu pauschalisierenden Urteilen zurück – und beklagt in einer schon recht staunenswerten Titelgeschichte, nun habe weltpolitisch die »Stunde der Hardliner« geschlagen. Als ebensolche »Hardliner« sieht das Blatt neben Netanjahu, Trump, Assad nun eben auch die Hamas. Orbán gehört sowieso dazu, und in Sachen Immigration wird man wohl auch Horst Seehofer als Hardliner bezeichnen dürfen. Als Hardlinerin nicht erwähnt, sicher aber mitgemeint sind Theresa May, Heidi Klum sowie alle Personen, die man in der Taz-Redaktion sonst auch nicht mag. Gerne würde ich den Redakteuren der Taz meine Apothekerin vorstellen, die immer so kritisch guckt, wenn ich mit obskuren Rezepten und seltsamen Sonderwünschen ankomme – im Gegensatz zu ihrer sanften Praktikantin eine echte Hardlinerin in Sachen Medikamenten­verabreichung. Von Hardlinern hält man in der Rudi-Dutschke-Straße nicht viel, das ist klar. Lieber sollte man unerachtet aller politischen Notwendigkeiten immer windelweich und unverbindlich daherreden, sich stets nach allen Seiten offenhalten und vor allem das Gespräch nicht abreißen lassen, denn abgerissene Gespräche sind wie abgerissenes Klopapier: Meistens ist es zu wenig, und man muss von vorn anfangen.

Bei einem ihrer nächsten Kongresse sollte die Taz überlegen, wie man Hardliner insgesamt aus der Welt schaffen kann und sie vielleicht durch Eyeliner oder Nightliner er­setzen kann, damit das Unvermeidliche künftig ein bisschen softer, sweeter und insgesamt so angenehm dreilagig daherkommt wie die Taz selbst.