Kritische Astrologie - Der Sozialneid und seine Macht über unser Leben

Genossen, die Maß halten

Kolumne Von Leo Fischer

<p>Diese Woche ist die Erde auf ihrer endlosen Kreiselfahrt durch das Sternenmeer endlich im Zeichen der Waage angelangt und sofort hat sich der begütigende, ja direkt mütter­liche, jedenfalls sehr so</p>

Diese Woche ist die Erde auf ihrer endlosen Kreiselfahrt durch das Sternenmeer endlich im Zeichen der Waage angelangt und sofort hat sich der begütigende, ja direkt mütter­liche, jedenfalls sehr sozialdemokratische Einfuss dieses Sternzeichens auf uns herab- und herniedergesenkt: Im Fall Maaßen trat die SPD gegen ihre eigene Entscheidung in Opposition, gab sich selber recht und besserte den eigenen Unfall nach; in Sachen Braunkohle gibt sie den Protestierenden recht, während sie den Braunkohleabbau verteidigt – Salomonität, wohin man schaut. Auch in Frankfurt halten sie derzeit Maß und Mitte. In der sogenannten Neuen Altstadt, einem auf eine rechtspopulistische Initiative zurückgehende Stadtverschandelungsprojekt, sind jetzt die ersten Mieter eingezogen – in sündhaft teure, gleichzeitig städtisch subventionierte Luxuswohnungen hinter künstlichen Patrizierfassaden. Die Idee, Phantasieschlössern noch Steuergeld hinterzuwerfen, war natürlich von der SPD; aber auch die anderen Parteien heißen die Neuankömmlinge willkommen: Damit sie es nur recht schön dort haben, wurden schon vor dem Einzug Wohnungslose und Bettler in weitem Umkreis weggekärchert – leider nicht entschlossen ­genug, wie die Neuankömmlinge jetzt in der Frankfurter Neuen Presse klagen.

Die Neopatrizier Peter Bruckner und Richard Lang, die eigentlich ganz anders heißen, aber ihren Namen wegen des »ihren Familien ­immer wieder« entgegenschlagenden »Sozialneids« nicht in der Öffentlichkeit sehen wollen, deren Subventionen sie aber gern nehmen, beschweren sich über »Straßenmusikanten«, die sich an keine Regeln halten. Manchmal höre man in drei Stunden fünfmal La Paloma, ohne dass das Ordnungsamt gegen solche Anmaßungen einschreite. Zudem seien immer wieder Autos zu hören: »Da müsste eine Verkehrsberuhigung her.« Doof ist auch: »Es gibt nur einen subventionierten Parkplatz.« Bruckners brauchen aber zwei! Die sehr auf Ausgleich setzenden Genossen werden hier sicher eine Lösung finden, die ins sozialdemokratische Portfolio des Maßhaltens wie die Erde in die Sonne passt, nämlich zigtausendmal.