Platte Buch - Bob Moulds neues Album »Sunshine Rock«

Melodie und Urschrei

Kolumne Von Uli Krug

<p>»Ich habe das Gerede ›Gitarren sind tot‹ mindestens schon zu fünf verschiedenen Zeiten gehört und noch jedes Mal sind sie wieder zurück­gekommen«, sagt einer, der nicht zu Unrecht als Gründervater </p>

»Ich habe das Gerede ›Gitarren sind tot‹ mindestens schon zu fünf verschiedenen Zeiten gehört und noch jedes Mal sind sie wieder zurück­gekommen«, sagt einer, der nicht zu Unrecht als Gründervater des alternative rock gilt: Bob Mould. Sein Anfang Februar erscheinendes Album »Sunshine Rock« soll denn auch dazu beitragen, dass sich der Abgesang auf die Gitarre – bald 40 Jahre nach Beginn des Siegeszugs elektronischer Tanzmusik – wieder als verfrüht erweisen soll. Entsprechend selbstbewusst sagt Mould, neben dem 2017 verstorbenen Grant Hart Hirn und Stimme der in den Achtzigern bahnbrechenden Band Hüsker Dü, zu seinem neuen Werk: »Es geht einfach darum, zu versuchen, große Rock­alben zu machen, weil es von denen nicht mehr viele gibt.«

Ob es unter heutigen Bedingungen ein »großes« Rockalbum geben kann, muss leider bezweifelt werden. Aber so groß wie einst Hüsker Düs »New Day Rising« (1985) oder wenigstens so stilprägend wie »Copper Blue« (1992) von Moulds zweiter Band Sugar muss »Sunshine Rock« gar nicht sein, um zu überzeugen. Denn Mould gelingt es, jeden Anflug der Stumpfsinnigkeit des populären überkomprimierten Kirmes-Rock zu vermeiden. »Sunshine Rock« bietet stattdessen wieder einmal die dichten Akkordstrukturen und jene wall of sound aus übereinandergeschichteten Rhythmusgitarren, die schon Hüsker Dü so besonders gemacht hatten. Eine weitere typische Eigenart von Moulds Songs, der schroffe Gegensatz zwischen melancholischen Westcoast-Melodien und dem rauen, ja groben Gesangsstil, prägt auch dieses Album. Diesen Gegensatz, der Hüsker Dü einst so klingen ließ, als unter­zöge die Eagles sich einer Urschreitherapie, verschärft Moulds neues Albums noch ein wenig weiter: Zur Gitarrenwand kontrastiert der fragile Klang eines bis zu 18köpfigen Streichorchesters; ungewöhnlich klingt auch »Send Me a Postcard«, Moulds Cover der holländischen Popband Shocking Blue aus den frühen Siebzigern. Kurz: »Sunshine Rock« ist ein Album, wie es nicht mehr viele gibt.
Bob Mould: Sunshine Rock (Merge/Cargo Records)