Die Umweltschützerin Helen Yost wurde in den USA vom FBI des Inlandsterrorismus verdächtigt

Friedliche Terroristin

Porträt Von Nicole Tomasek

Der Klimawandel bedroht die Menschheit, könnte man dieser Tage meinen. Doch die Geheimdienste trotzen der Panikmache und bleiben wachsam für die wahren Gefahren. Wie der deutsche Verfassungsschutz lieber Antifaschisten ausspäht und Neonazis morden lässt, überwacht auch das US-amerikanische FBI – das sowohl Bundespolizei als auch Inlandsgeheimdienst ist – lieber friedliche Ökoprotestler als gewalttätige Rassisten. Der britische Guardian hat mittels einer Klage nach dem Freedom of Information Act Zugang zu Hunderten Seiten von FBI-Akten über Ermittlungen gegen Umweltschützer erhalten. Aktivitäten zahlreicher nicht gewalttätiger umweltbewegter Einzelpersonen und Gruppen stufte das FBI als Gefahr für die nationale Sicherheit und Inlandsterrorismus ein.

Eine dieser Personen war die mittlerweile 62jährige Umweltschützerin Helen Yost. Als Mitglied der Gruppe Wild Idaho Rising Tide (WIRT) organisierte sie unter anderem Proteste gegen den Bau der Pipeline Key­stone XL, die in Kanada aus Ölsanden gewonnenes Erdöl in die USA transportieren soll. Die Ermittlungen gegen Yost und andere Personen begannen 2013 und 2014, unter der Präsidentschaft Barack Obamas. In einer Akte vom Juli 2014 heißt es, der Hauptgrund für die Antiterrorermittlungen gegen Yost sei das Verbot von »Angriffen und anderen Gewalttaten gegen Eisenbahnunternehmen« – die WIRT Yost zufolge aber nie angestrebt habe. Das FBI stellte die Ermittlungen schließlich ein, da keine Hinweise auf kriminelle Aktivitäten vorlagen. Yost nahm die Überwachung gelassen. »Nimm an, sie kennen jeden Morgen die Farbe deiner Unterwäsche, und steh auf und leiste trotzdem Widerstand«, sagte sie.

Allerdings können einst als Terroristen verdächtigte Personen weiterhin auf Beobachtungslisten stehen und etwa Reisebeschränkungen unterliegen. Und unter der Regierung von Donald Trump nimmt die Kriminalisierung von zivilem Ungehorsam zu. Bürgerrechtsorganisationen wie das International Center for Non-Profit Law weisen darauf hin, dass seit 2017 in mindestens 18 US-Bundesstaaten Gesetze vorgelegt wurden, die Proteste, die den Bau und Betrieb von Pipelines stören, unter Strafe stellen. In einigen Bundesstaaten wurden die Straf­androhungen bereits deutlich verschärft.