Evangelikale Christen gehören zu den wichtigsten Unterstützern Trumps

Gottesfurcht und Lynchjustiz

Kommentar Von Detlef zum Winkel

Im Lager der Unterstützer Donald Trumps spielen evangelikale Rechte eine wichtige Rolle.

Als Donald Trump zum zweiten Mal einer Amtsenthebung durch den Kongress entgangen war, feierte er das in einer schriftlichen Stellungnahme als einen Sieg von Recht und Ordnung. Darin warf der ehemalige US-Präsident der Demokratischen Partei auch vor, einen Mob aufzuhetzen, Randalierer in Schutz zu nehmen und Schwarze Listen mit den Namen ihrer politischen Gegner anlegen zu wollen.

Zwar weiß die ganze Welt, wer beim Angriff auf das US-Kapitol am 6. Januar am Werk war, aber Trumps Anhänger kümmert das nicht. Sie bejubeln die Dreistigkeit, den Spieß einfach umzudrehen. Der Wahlverlierer deklamierte in seiner Stellungnahme: »Unsere historische, patriotische und schöne Bewegung, Amerika wieder großartig zu machen, hat gerade erst begonnen.«

In Washington, D.C., wird nun darüber spekuliert, ob Trump oder einer seiner Söhne in vier Jahren bei den Präsidentschaftswahlen antreten werde. So lange wollen viele seiner Anhänger nicht warten. In Qanon-Kreisen wird gemunkelt, bereits am 4. März könne wieder etwas Großes passieren; dieses Datum war bis 1937 der Beginn der Amtszeit der US-Präsidenten. Christliche Anhänger Trumps berichten von religiösen Eingebungen, wonach der gottesfürchtige Donald noch in diesem Jahr ins Weiße Haus zurückkehren werde. Paula White, eine evangelikale Fernsehpredigerin und zuletzt spirituelle Beraterin im Weißen Haus, distanzierte sich zwar von der Gesetzlosigkeit der Randalierer im Kapitol, legitimierte sie allerdings dann doch mit einer biblischen Geschichte, wonach Gott die von den Philistern gestohlene Bundeslade den Israeliten zurückgegeben habe. So werde er auch die Vereinigten Staaten ihren rechtmäßigen Besitzern zurückgeben.

Das Magazin Politico zählt eine Reihe von Predigern auf, die sich eine prophetische Gabe zuschreiben. Joe Bidens Amtsantritt am 20. Januar habe nichts zu bedeuten, meint etwa Johnny Enlow. Kate Kerr weiß zu berichten, Gott selbst habe ihr mitgeteilt, Trump werde acht weitere Jahre regieren. Enlow sieht mindestens zwei weitere Amtsperioden des »besten Regierungschefs des Planeten« kommen.

Evangelikale Eiferer besitzen traditionell großes Gewicht in der Republikanischen Partei, und dieses werfen sie seit 2016 für Trump in die Waagschale. Scharenweise nahmen sie am 6. Januar an den »Save America«-Kundgebungen und am Marsch auf das Kapitol teil. Auf den Bildern, die das Geschehen dokumentieren, ist eine Gruppe mit einer Fahne zu sehen, auf der »Alle an Bord des Trump-Zugs« steht. Unter einem großen Holzkreuz sammelten sich die Gottesfürchtigen zu einer kurzen Andacht.

Das Kreuz befand sich an diesem Tag nicht weit von einem Galgen. Viele Kapitolstürmer riefen »Hang Mike Pence« und hätten wohl mit einer sofortigen Vollstreckung des Lynch-Urteils kein Problem gehabt. Das Handeln des Trump-Zugs sei »nach sehr speziellen Regeln erlaubt«, erklärte der Zugführer vorab, und Gott werde es auch vergeben, versicherte Trumps Predigerin White danach. Ein Kreuz neben einen Galgen zu stellen, war früher eine verbreitete Praxis des rassistischen Geheimbunds Ku-Klux-Klan.

Fanatische Trumpisten scheinen kaum Hemmungen zu kennen, Sympathien für rechtsextremen Terrorismus zu bekunden. Qanon-Anhänger sprechen aus, was damit bezweckt wird: Man müsse eine Situation schaffen, in der sich das Militär genötigt fühlt einzugreifen, um einen drohenden Bürgerkrieg zu verhindern. Die Idee kursiert unter Trumps einflussreichen Verbündeten Steve Bannon, Michael Flynn, Roger Stone und Paul Manafort. Nicht umsonst hat er sie in den letzten Wochen seiner Amtszeit begnadigt.