Der Protest gegen das Festival »Filistina 2018« in Hannover stößt beim SPD-Bürgermeister auf Ablehnung

Kein Platz für ­ Israel-Solidarität

Unterstützt vom SPD-Stadtoberhaupt sowie kirchlichen und kulturellen Einrichtungen findet in Hannover seit zwei Wochen ein antizionistisches Festival statt. Proteste dagegen will der Bürgermeister in seiner Stadt nicht haben.

»Ach, die Israel-Lobby mal wieder«, kommentiert ein Besucher im Hanno­veraner Leibnizhaus den Protest gegen die Veranstaltung. Unterschwellige Drohungen (»Darf ich ein Foto von euch machen?«) wechseln mit herablassenden Bemerkungen (»Ah, die ­berühmten Antideutschen«). Selbstverständlich fehlt auch nicht die Frage: »Von wem seid ihr denn gesteuert?« Auslöser ­dafür sind eine israelische Fahne sowie ein Transparent mit der Aufschrift »Kein Frieden mit den ­Feinden Israels«.

Anlass der Protestkundgebung Ende Januar war die Auftaktveranstaltung des Kulturprogramms von »Filistina 2018«, dem jährlich stattfindenden »Festival für Kultur und Politik in Palästina«, das noch bis zum 20. März läuft. Seit acht Jahren findet diese von der »Palästina-Initiative« (PI) organisierte Reihe in der niedersächsischen Landeshauptstadt statt. In der Ankündigung wird die zehnjährige »Belagerung Gazas« beklagt und von »50 Jahren Besatzung« gesprochen. Gründungsmitglied der Initiative war neben dem »Palästinensischen Ärzte- und Apothekerverband Niedersachsens« und der »Hilfsorganisation Najdeh« die Hannoveraner Regionalgruppe der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft (DPG). Diese Organisation ist offizieller Unterstützer der antizionistischen BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen). Ihr Präsident Raif Hussein ist bereits mehrfach durch antiisraelische Äußerungen aufgefallen. So forderte er auf der Jubiläumsveranstaltung der Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas (DFLP) 2015 in Berlin ein sofortiges Ende der Sicherheitskoope­ration zwischen der Palästinensischen Autonomiebehörde und Israel. In seiner Rede warb er für die Aufkündigung der Osloer Abkommen.

In einem Interview mit dem Deutschlandfunk anlässlich der sogenannten Messer-Intifada 2015 äußerte Hussein seine Sympathie für die Angriffe: ­Palästinensische Jugendliche nähmen nun ihr eigenes Schicksal in die Hand. Weiter sagte er, dass die Heranwachsenden »eine Einheit bei der Bekämpfung der Besatzung und der Siedler« seien. Ein Jahr zuvor hatte Hussein auf der »Berlin für Gaza«-Demonstration dazu aufgerufen, »den ganzen Staat Israel zu boykottieren, alle Waren, ­allen Handel«. Er bezeichnete das Land als einen faschistischen Eindringling, der »einen Vernichtungskrieg gegen das palästinensische Volk« führe und gegen den »Widerstand in jeder Hinsicht und in jeder Form gerecht« sei.

 

»Manche verlegen am Vormittag betrübt Stolpersteine, um am Nachmittag zum Boykott israelischer Waren aufzurufen.« Der ehemalige SPD-Landtags­abgeordnete Michael Hans Höntsch

 

Unterstützung bei der Veranstaltung des Filistina-Festivals erhält die Initi­ative von der »Dr. Buhmann Stiftung für interreligiöse Verständigung«, dem »Kirchlichen Entwicklungsdienst der evangelisch-lutherischen Landes­kirchen in Braunschweig und Hannover«, der Heinrich-Böll-Stiftung, der Hanns-Lilje-Stiftung und der Stadt Hannover. Auch örtliche Kulturschaffende und Kultureinrichtungen gehören zum Unterstützerkreis, wie zum Beispiel das »Kommunale Kino im Künstlerhaus Hannover«, die Kulturförderung der Region Hannover und das Kulturbüro der Landeshauptstadt Hannover. Die Schirmherrschaft hat der Hannoveraner Oberbürgermeister ­Stefan Schostok (SPD) übernommen.

In seiner Eröffnungsrede kritisierte der Ratsvorsitzende und Hannoveraner Bürgermeister, Thomas Hermann (SPD), die Proteste. Hannover sei eine »weltoffene und tolerante Stadt«, in der die offene Debatte gepflegt und »das demokratische Prinzip der freien ­Meinungsäußerung« hochgehalten würden. Den Gegendemonstranten sprach der Sozialdemokrat diese Freiheit jedoch ab: »Das ist genau die Politik und Sprache, die wir hier in unserer Stadt nicht haben wollen«. Anschließend durften nur geladene Gäste zum Empfang mit den politischen Prominenten. Weitere Störungen sollten so vermieden werden.

Der ehemalige sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Michael Hans Höntsch kritisierte auf Facebook die Veranstaltung und berichtete von ­seinen Versuchen, eine Protestkundgebung zu organisieren. Er sprach ­Mitglieder der jüdischen Gemeinden sowie der Deutsch-Israelischen Gesellschaft an, »ob man nicht gemeinsam ein Zeichen setzen könnte« gegen das bei dem Festival vermittelte Geschichtsbild der Palästinensischen Gemeinde. Die Reaktionen waren deprimierend. »Ich traf auf offene Ohren«, berichtete Höntsch, »aber eben auf tiefe Resignation.« »Das hat keinen Sinn«, habe man ihm einhellig geantwortet. »Man hört uns nicht zu.«

»Manche verlegen am Vormittag betrübt Stolpersteine, um am Nachmittag zum Boykott israelischer Waren aufzurufen«, so der ehemalige Landtags­abgeordnete. Seine Solidarität bestehe »völlig unabhängig davon, wer in ­Israel regiert«. Die Gründe dafür lägen »in Auschwitz und um die Ecke in ­Bergen-Belsen«. Wäre diese Haltung allgemein verbreitet, so Höntsch, könnten »jüdische Menschen heute ruhiger schlafen in Deutschland«.