Imran Khan wird voraussichtlich Pakistans neuer Premierminister

Khans großer Wurf

Nach den Parlamentswahlen in Pakistan wird Imran Khan voraussichtlich der nächste Premierminister. Er gilt zwar als nicht korrupt, aber seinen Kritikern als der Armee zu nahestehend und zu islamisch.

Schon als die ersten Hochrechnungen am Wahlabend am Mittwoch voriger Woche eintrafen, die Imran Khans Partei Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit (Pakistan Tehreek-e-Insaf, PTI) klar in Führung sahen, ging das Geschrei der etablierten Parteien los. Auch viele Journalisten und Funktionsträger von NGOs teilten den Vorwurf der von den Familien Bhutto und Sharif geführten und von Korruption geprägten Parteien, der ­Pakistanischen Volkspartei (PPP) und der Muslimliga (PML-N), dass die Parlaments- und Regionalwahlen vom 25. Juli von der Armee zu Gunsten von Khan manipuliert worden seien. 370 000 Soldaten sollten den Ablauf der Wahlen im ganzen Land sichern.

Für Sicherheitsmaßnahmen gab es gute Gründe. Der Wahlkampf war zum Teil gewalttätig, es kam zu Bomben­anschlägen und Schießereien, bei einem jihadistischen Selbstmordattentat in Mastung starben am 13. Juli 141 Menschen. Menschenrechtsorganisationen beklagten jedoch die Einschüchterung von Journalisten, Wahlberechtigten und -beobachtern. Menschenrechtler und westliche Medien warnten zudem davor, dass Pakistan sich unter dem ehemaligen Cricketspieler und Playboy Khan, der mittlerweile »islamische Werte« preist, noch stärker islamisieren könne.

Dass die Regierungen der korrupten Familienparteien und die Armee Pakistan in den vergangenen 40 Jahren heruntergewirtschaftet haben, schien vergessen. Auch, dass Khan in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, in der die PTI ­regiert, in den vergangenen fünf Jahren Millionen von Bäumen pflanzen ließ und eine Krankenversicherung für die Armen aufgebaut hat, kam nicht vor.
Das einzige Großprojekt in der Amtszeit des bisherigen, wegen Korruptionsvorwürfen verurteilten und im Juli dieses Jahres festgenommenen Premierministers Nawaz Sharif, eine Metrobus-Trasse zwischen Islamabad und Rawalpindi, zerfällt bereits, weil die Bauherrn mehr Sand als Zement in den ­Beton gemischt haben. Zwar hat Sharif mit Hilfe Chinas Elektrizitätskraftwerke gebaut, die sich die chinesische Regierung sehr gut bezahlen ließ, trotzdem gibt es weiter Stromausfälle, da das gesamte Stromnetz völlig ver­altet ist. So sind auch zu Beginn des diesjährigen Monsuns wieder mehr als 100 Menschen gestorben, weil morsche Strommasten samt Leitungen auf die überschwemmten Straßen kippten.

Zudem ist Pakistan von schwerem Wassermangel betroffen. Im Juni warnte der Wetterdienst in Pakistan, die ­anhaltende Dürre könne bis zu 100 Millionen Pakistanern schaden; im Winter sei kaum Schnee im Himalaya gefallen und von Januar bis Mai habe es 44 Prozent weniger Niederschlag gegeben als in den Jahren zuvor. Das habe in der Periode vor dem Monsun zu gravierenden Ernteausfällen geführt, so die Behörde. In Islamabad konnten nur noch 50 Prozent des Wasserbedarfs der Hauptstädter gedeckt werden. Die süd­liche Metropole Karatschi war sogar um 60 Prozent unterversorgt. Zudem hat einer Studie zufolge 91 Prozent des Wassers, das zur Verfügung steht, keine Trinkwasserqualität. Seit 40 Jahren verrotten die staatlichen Brunnen und Wasserleitungen. Die Monsunregenfälle im Juli bereiteten der Dürre vorerst ein Ende.