AfD-nahe Burschenschafter wollen einen eigenen Akademikerverband gründen

Alternative mit Schmiss

Korporierte, die der AfD nahestehen, wollen einen eigenen Akademiker­verband gründen. Seit der Bundestagswahl sehen sich die Burschen­schafter im Aufschwung.

»Eine Trendwende« sahen die  Burschenschaftlichen Blätter mit der Bundestagswahl 2017 gekommen. Der Einzug der AfD in den Bundestag erfreute die Redaktion des Magazins des Dachverbands »Deutsche Burschenschaft«. Erst recht war man darüber erbaut, dass neun Bundestagsabgeordnete »aus den Reihen der Burschenschaften« kamen. »Gegenüber früheren Jahren ist dies schon ein Anstieg«, freute man sich. Die Autoren listeten auch gleich die vier AfD-Abgeordneten mit burschenschaftlicher Vita auf: Albrecht Glaser, Enrico Komning, Jörg Schneider und Christian Wirth. Drei weitere Burschenschafter sitzen für die CDU und zwei für die CSU im Bundestag.

Den Abgeordneten aus diesem Milieu folgten Mitarbeiter mit ähnlichem Hintergrund. »Eine Reihe Mitglieder unterschiedlicher Verbindungen haben im Bundestag Arbeit und Einkommen gefunden, darunter mindestens 14 Burschenschafter und einzelne aus Landsmannschaften und Corps«, sagt Ernst Kovahl, ein Autor des Fachmagazins Der Rechte Rand.

Österreich sei für deutsche Burschenschafter ein Vorbild, warnen Experten.

Seit Jahrzehnten träume das extrem rechte Milieu davon, über eine Partei die völkisch-nationalistische Wende herbeizuführen, sagte Christian J. Becker der Jungle World. Der ehemalige Burschenschafter und Mitbegründer der Initiative »Burschenschafter gegen Neonazis« erwartet, dass die Burschenschaften versuchen werden, ihren Einfluss in der AfD weiter zu erhöhen. Er verweist auf die FPÖ, die sich durch den Einfluss der Burschenschaften im Laufe der Jahre radikalisiert habe. ­Österreich sei für deutsche Burschenschafter ein Vorbild, warnen Becker und Kovahl unisono.

Der erste Anlauf zur Gründung einer AfD-nahen Organisation scheiterte ­jedoch kürzlich. Am 28. Juli wollten die »Korporierten in der AfD« um Christoph Birghan einen eigenen Akademikerverband gründen. Sie planten eine vierstündige Gründungsveranstaltung mitsamt Vorstandswahl und Annahme einer Satzung im Raum F 101 des Thüringer Landtags in Erfurt. »Kein kleiner Rahmen«, wie Katharina König-Preuss sagt, ein Landtagsabgeordnete der Linkspartei. Nur der Plenarsaal könne mehr Menschen aufnehmen. Im Landtag wolle sie nun nachhaken, wie es zu der geplanten Raumnutzung gekommen sei. Ohne klare Angaben zum Zweck von Veranstaltungen im Landtagsgebäude könnten Abgeordnete die Räume nicht buchen, so König-Preuss. Offiziell beantragt hatte die Nutzung die AfD-Fraktion unter ihrem Vorsitzenden Björn Höcke. Allerdings um eine Stunde länger und mit der Angabe »Treffen d. AfD-Fraktion«. Unter der Veranstaltungsnummer 8 563 der Information des Thüringer Landtags hieß es bei »Art« und »Form« jeweils »unbekannt«. Als Ansprechpartner wurde »Hr. Hoffmann« angegeben – vermutlich der Fraktionsgeschäftsführer der AfD, Renato Hoffmann.

Aus internen Unterlagen wird deutlich, wie stark sich Birghan für einen eigenen Verband engagiert. Bereits Mitte 2017 soll der Alte Herr der Burschenschaft Gothia Berlin und der Schülerverbindung Ernst-Moritz Arndt Greifswald begonnen haben, sich für einen Zusammenschluss von Korporierten in der AfD stark zu machen. Der Patentanwalt aus dem bayerischen Steinhöring ist Sprecher des Landesfachauschusses der bayerischen AfD für »Bildungs- und Wissenschaftspolitik, Kultur- und Medienpolitik«. Vor seinem Eintritt in die AfD war er bereits bei der rechten Kleinpartei Bund Freier Bürger aktiv.

»In dem Milieu zwischen AfD und studentischen Verbindungen ist Birghan gut vernetzt«, sagte ein Sprecher der Autonomen Antifa Freiburg. Das Vorhaben rechte Burschenschafter, die AfD auf einen völkisch-nationalistischen Kurs zu bringen, sei nicht neu, sagt auch er. Die antifaschistische Gruppe hatte kurz vor dem geplanten Gründungstermin ein 34 Seiten starkes Dossier zu der Initiative der Korporierten veröffentlicht. Neu sei, dass nun mit dem Verband eine konkrete Struktur geschaffen werden soll.

Bereits 2015 hatten sich Burschenschafter in einer geheimen Facebook-Gruppe als Korporierte in der AfD zusammengeschlossen. Dort hieß es: »Die Gruppe dient dem Austausch zwischen Korporierten innerhalb der AfD jenseits von Verbindungs- und Verbandsgrenzen. Dies ist eine geheime Gruppe.« Doch die Existenz der Gruppe und ihr Zweck wurden 2017 öffentlich bekannt.