Germany's next Super-Tunte

Der Klum nehmen sie's krumm

Heidi Klum soll für Prosieben die Show »Queen of Drags« moderieren. Die queere Szene ist empört. Warum eigentlich?

»Ich will nichts schwabbeln sehen«, forderte sie in ihrer Show Germany’s Next Topmodel und sparte auch sonst nicht mit Entwertungen. Heidi Klum kann wahrlich nicht als Vorreiterin des feministischen Empowerments bezeichnet werden. Ein gut Teil der Lust speist sich bei dieser Sendung aus der Verachtung – hier gegenüber jungen Frauen.

Wäre Heidi Klum eine bessere ­Moderatorin, wenn sie bisexuell wäre? Wohl kaum.

Nun soll Klum für Prosieben die Show »Queen of Drags« moderieren. Erinnern tut das Format stark an die erfolgreiche US-amerikanische Show »RuPaul’s Drag Race«, in der Drag Queens gegeneinander wetteifern. Widerstand regt sich dagegen in der hiesigen queeren Szene, selbst eine Petition mit dem Titel »Kein Foto für Heidi« wurde bereits gestartet.

Die Sendung wird zwar begrüßt, aber der mögliche Ausverkauf der Drag-Szene sei bedenklich, so der Tenor der Petition. Was anderes als Ausverkauf sollte aber eine Pro-7-Sendung mit Drag Queens sein? Man müsste eine solche Sendung von vornherein sein lassen. Stattdessen wird die angedachte Moderatorin Klum als das eigentliche Problem dargestellt. Sie habe keine Ahnung von Drag-Kultur und sei außerdem »eine heteronormative weiße Frau«. Würde sie moderieren, so der Petitionstext weiter, sei das »kultureller Missbrauch«.

Harte Worte, die zugleich das Elend der gegenwärtig häufig in dieser Form vorgebrachten Kritik verdeutlichen. Beant­wortet wird nicht, was mit einer »heteronormativen« Frau gemeint ist. Wie so oft sind solch vagen Formulierungen dazu ­geeignet, einer Person aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Unterstellungen zu machen. Doch wäre sie eine bessere ­Moderatorin, wenn sie bisexuell wäre? Wohl kaum. Auch das Schwulsein von Ru Paul, so sehr man sie auch schätzen kann, macht aus ihrer im Prinzip schlimmen Sendung keine erbauliche.

Und weshalb macht ihre Hautfarbe Klum zu einer schlechten Wahl für die Moderation? In der Online-Diskussion wird deutlich: Da damit als bewiesen gilt, dass sie privilegiert ist – und das irgendwie gegenüber allen Marginalisierten. Daher müsse eine deprivilegierte Person her. Als Vorschlag wird die ebenfalls höchst erfolgreiche Conchita Wurst ins Feld geführt. Die Begriffe »Marginalisierung« und »Privilegien« werden hier ähnlich überstrapaziert wie der des Missbrauchs.

Eine gute Moderatorin demgegenüber solle, so tönen andere Stimmen, »uns« Queers repräsentieren. Mitunter wird suggeriert, »RuPaul’s Drag Race« sprenge revolutionär alle Normen. Dabei offenbart sich auch dort mit wenigen Einblicken eine Show voller hartem Wettbewerb: schön, akrobatisch, unterhaltsam soll die Queen der Queens sein und vor allem hart an sich arbeitend. Würde da Klum mit ihren autoritären Ausrufen zu mehr Passgenauigkeit nicht ganz gut passen?

Das Format ist in Deutschland übrigens nicht neu. In »Die Travestie-Show« traten 1996 auf RTL »zehn Travestiten« vor eine Jury bestehend aus Linda de Mol, Til Schweiger und Lilo Wanders. Inge Borg, Tuntenikone ganz ohne Castingshow, führte dazu aus, dass das ebenfalls schlimm gewesen sei. Repräsentativ für alle LGBT war das schon damals nicht. Und man tut gut daran, den Wunsch ad acta zu legen, von einer Fernsehsendung und ihren Moderatorinnen angemessen repräsentiert zu werden. Die Kunst der Tunte könnte in Unabhängigkeit, Schrillheit und betontem Hang zur Differenz bestehen. Das akribische Abklopfen von Celebrities auf größtmögliche Ähnlichkeit zu sich selbst und dem jeweiligen Lieblingskollektiv steht hingegen unter ganz anderen Sternchen.