Das Medium

Vergessliche Kellner erwünscht

Demenz gehört nicht zu den hippen Krankheiten, über die Betroffene gerne sprechen. Eine britische Doku-Soap zeigt, dass die Diagnose nicht den Ausstieg aus dem Leben bedeuten muss.
Kolumne Von

Nein, Doku-Soaps müssen nicht grundbescheuert sein, jedenfalls dann nicht, wenn sie im britischen Fernsehen ausgestrahlt werden. »The Restaurant That Makes Mistakes« (Das Restaurant, das Fehler macht) ist so ein Fall. Gemeinsam mit dem Bristoler Sternekoch Josh Eggleton und der Geriatrie-Professorin Zoe Wyrko entwickelte Channel 4 das Konzept eines in Japan für einige Tage entstandenden Pop-up-Restaurants weiter: Vier Wochen lang kochen und servieren 14 an unterschiedlichen Formen von Demenz Erkrankte in ihrem eigenen Restaurant. Die meisten der Teilnehmer im Alter von 23 bis 67 ­arbeiten schon lange nicht mehr – vier von fünf Menschen verlieren nach der Diagnose ihre Arbeit, und damit meistens auch ihre Unabhängigkeit und oft sogar ihre Wohnung.

Demenz gehört nicht zu den hippen Krankheiten, über die Betroffene gerne sprechen. Mit ihrem Ringen um Worte, die ihnen nicht mehr einfallen, den Angstanfällen, der Furcht vor dem Tod und dem Vergessen sind sie oft allein – und Zielscheibe von Witzen. Das Restaurant, das Fehler macht, möchte dagegen zeigen, dass die Diagnose Demenz nicht den Ausstieg aus dem Leben bedeuten muss. Wyrko ist sich sicher, dass viele Erkrankte sogar weiter arbeiten könnten, wenn ihre Arbeitsplätze entsprechend angepasst würden. Visuelle Hilfen wären dafür unter ­anderem notwendig. Für die Teilnehmer ist es wichtig, endlich wieder wertgeschätzt zu werden und zu zeigen, dass sie da sind. Einer sagt: »Wir sind doch noch nicht am Ende unserer ­Leben angelangt, es gibt so viel, was wir noch tun können.« Leicht ist die Arbeit im Restaurant nicht immer. Einer läuft nach draußen, weil er Angst vor den Gästen bekommt, eine erkennt ihren eigenen Mann nicht, als er zu Gast ist. Aber man fängt sich gegenseitig auf, und das ist wirklich gut zu sehen.