Der Streit ums Waschen

Ist Duschen konterrevolutionär?

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Doch!

Wer sich ständig seift und schrubbt, tut weder seinem Körper noch seiner Umwelt damit einen Gefallen. Der Zwang zur Reinlichkeit ist übertrieben.

Von Ole Sauer

Die Deutschen pflegen ein reinliches Image. Ob die Kehrmaschine fröhlich brummend jeden Morgen den Traum vom Ausschlafen zu einem vorzeitigen Ende bringt oder Samstags morgens eifrige Besen über den Bordstein kehren – der Tenor bleibt immer derselbe: Schön sauber soll es sein, und zwar überall.

Die Sehnsucht nach einer reinen Weste ist omnipräsent. Sie manifestiert sich in zahlreichen Schönheitsprodukten, Autowaschanlagen und Reinigungsgeräten. Einem Soßenfleck auf dem Pullover gilt daher nicht etwa Respekt für den Erfolg der eigenen Koch­ambitionen, sondern die unverhohlene Verachtung wegen der eigenen angeblichen Verkommenheit.

Dabei geht es nicht um die Lobpreisung von Schimmelkulturen und Schweißflecken. Doch hat zum Beispiel das seltenere Waschen der Haare eher positive Effekte. So lösen die im Shampoo enthaltenen Tenside nicht nur das Fett aus den Haaren, sondern auch aus der Kopfhaut. Durch einen Gewöhnungseffekt der Talgdrüsen kommt es bei täglicher Haarwäsche zu einer ­erhöhten Fettproduktion. Weniger oft gewaschene Haare fetten hingegen nicht mehr so stark.

Es genügt völlig, sich zwei bis drei Mal pro Woche zu duschen. Ansonsten kann die Hautbarriere geschwächt werden, die Haut wird trocken und spröde und ist nicht mehr so resistent gegen Krankheitserreger. Pro Duschgang verlieren wir bis zu 40 Prozent unserer Hautflora.

Beim Wäschewaschen wird oft zum Weichspüler gegriffen. 220 000 Tonnen davon werden jährlich an private Haushalte verkauft. Zwar müssen die enthaltenen Tenside seit einigen Jahren biologisch abbaubar sein, dies gilt aber nicht für die enthaltenen Duft- und Konservierungsstoffe, die weiter das Abwasser belasten. Außerdem können sie Hautrötungen, Juckreiz und Allergien auslösen. In einem Produkt mit dem Namen »Kuschelweich« ist sogar ein Stoff enthalten, der sich in Tierversuchen als fortpflanzungsgefährdend ­erwiesen hat.