Rechtsextremismus beim FC Chemnitz

Wo Nazis sich wohlfühlen

Der Chemnitzer FC hat seinen Kapitän entlassen, weil er mit Neonazis auf der Tribüne saß. Dabei hat der Fußballverein in der Vergangenheit rechtsextreme Gruppen nicht nur toleriert, sondern aktiv unterstützt.
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»Der Chemnitzer FC wird weiterhin konsequent gegen jedwedes verfassungsfeindliches Gedankengut sowie dessen Sympathisanten vorgehen.« So begründete der Drittligist in einer Mitteilung die Trennung vom bisherigen Mannschaftkapitän Daniel Frahn. Dieser hatte am vorvergangenen Samstag das Spiel seines Vereins in Halle wegen einer Verletzung im Gästeblock verfolgt – der Vereinsleitung des CFC zufolge Seite an Seite mit »führenden Köpfen der rechts gesinnten Gruppierung ›Kaotic Chemnitz‹ und der aufgelösten Gruppe ›NS-Boys‹«; dabei habe er seine Sympathie mit diesen Vertretern »offenkundig zur Schau gestellt«, was »massiv vereinsschädigend« gewesen sei.

Die Kündigung erfolgte also aus triftigen Gründen und ist zu begrüßen. Ob der CFC tatsächlich das »Bollwerk gegen Rechts­radikalismus« ist, zu dem er sich im vergangenen Jahr selbst ernannt hat, bleibt zu bezweifeln. Die Dominanz der extrem rechten Stadiongänger ist in Chemnitz nicht neu. Anfang der neunziger Jahre gründeten Anhänger des Vereins die Gruppe »Hooligans, Nazis, Rassisten« (HooNaRa). Am 9. März gedachte der CFC dem verstorbenen Gründer der »HooNaRa«, Thomas Haller, im Stadion. Die Anzeigetafel zeigte dessen Porträt samt Trauerflor, der Stadionsprecher sprach sein »tiefstes Mitgefühl« aus, während Fans hinter einem Banner mit der Aufschrift »Ruhe in Frieden, Tommy« bengalische Feuer zündeten.

Solche Bekenntnisse zu einem Neonazi unterstütze Frahn, indem er beim Torjubel ein Shirt mit der Aufschrift »Support your local Hools« hochhielt. Die Vereinsleitung hat extrem rechte Gruppen im Stadion nicht nur lange Zeit gewähren lassen, sondern unterstützte sie sogar: Hallers Sicherheitsfirma, für die rechtsextreme Hooligans arbeiteten, war jahrelang im Stadion tätig.

Klein- und Schönreden

Dabei gehört das Chemnitzer Nazi- und Hooliganmilieu zu einem der gewalttätigsten bundesweit, was sich zuletzt im Sommer 2018 beobachten ließ: Dem Demonstrationsaufruf von »Kaotic Chemnitz« nach dem gewaltsamen Tod von Daniel H. – der junge Mann war Ende August in Chemnitz erstochen worden, tatverdächtig sind zwei Flüchtlinge – folgten mehrere Hundert Sympathisanten, es kam zu Ausschreitungen und Angriffen auf Migranten, die bundesweit Beachtung fanden.

Die Reaktionen des Vereins auf die extrem rechte Dominanz in der Anhängerschaft blieben meist halbherzig. Wo sich das Problem nicht mehr verschweigen oder kleinreden ließ, griff das Management auf allenfalls gut gemeinte PR-Maßnahmen zurück. Dass die Spieler beim ersten Heimspiel nach dem Eklat im März mit einem Banner posierten, auf dem ein floskelhaftes Bekenntnis zur Demokratie zu lesen war, und der CFC kostenlose Shirts mit antirassistischem Aufdruck verteilen ließ, konnte nicht über die tatsächliche Stimmung im Stadion hinwegtäuschen. Viele Fans blieben aus Protest den ersten Spielminuten fern, viele der verteilten Shirts landeten im Stadiongraben.

Die jüngsten Drohungen gegen den Sportdirektor und Geschäftsführer Thomas Sobotzik wegen Frahns Kündigung überraschen deshalb nicht. Der CFC hat ein Naziproblem, das die Vereinsführung nicht in den Griff bekommt. Es scheint auch nicht als dringlich zu gelten, denn an den jährlichen Fachtagungen des DFB zum Thema Rechtsextremismus nahm der Verein bislang nicht teil, ein Antirassismusbeauftragter wurde erst nach Auflagen des Nordostdeutschen Fußballverbands eingestellt. Nazis machen sich dort breit, wo sie auf wenig Widerstand treffen – wie bislang im Chemnitzer Stadion.