Werte-Union

Deutschland bricht auf

Seite 4 – Alle rechten Fraktionen werden bedient

Das Label »liberal«, das einige Autoren im Heft noch bemühen, erfüllt eine rhetorische Funktion und wird ideologisch durch die ständige Besinnung auf Hierarchie, Ungleichheit und ein reaktionäres Menschenbild konterkariert. »Die Gemeinschaft steht über dem Einzelnen. Die Rechte der Menschen leiten sich aus ihren Pflichten her ab. Das Böse ist in der menschlichen Natur angelegt, nicht in bestimmten sozialen Einrichtungen«, schreibt Norman Gutschow von der neurechten »Bibliothek des Konservatismus« in einem Grundlagenbeitrag.

Das Heft ist vom neurechten Idiom geprägt und bedient alle Fraktionen des rechten Mosaiks. Im Impressum heißt es »E-Post« und »Netzblatt«. Für das Umfeld der Jungen Freiheit werden deren Chefredakteur Dieter Stein und deren Kolumnist Karlheinz Weißmann zitiert, für Götz Kubitscheks Politsekte aus Schnellroda gibt es Verweise auf die Zeitschrift Sezession und die »Konservative Revolution«.

Rechtslibertäre werden mit einem klaren Bekenntnis zum Neoliberalismus abgeholt, während sich »Liberalkonservative« durch das Herbeizitieren von Edmund Burke, Hermann Lübbe und Robert Spaemann angesprochen fühlen können. Dem neubürgerlichen Cicero-Milieu redet Andreas Rödder ins Gewissen. Der umstrittene Politologe Werner J. Patzelt sammelt den rechten Rand von CDU und CSU. Autoritäre Etatisten kommen schließlich mit Arnold Gehlen und Thilo Sarrazin auf ihre Kosten. Ob das Kalkül, neurechte Milieus zur Herrschaftssicherung zu instrumentalisieren, aufgeht und das Projekt innerhalb der Union tatsächlich auf größere Resonanz stößt, ist offen.