Freie Zugfahrten für uniformierte Soldaten

Verkehrswende verkehrt

Seite 2 – Fragwürdige Prestigeprojekte
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Aber sie wird wieder einmal nur das Nötigste machen. Dem Konzern geht bei den Reparaturen baufälliger Brücken oder Bahnhöfe das Geld aus, weil durch den allgemeinen Bauboom die Kosten immens gestiegen sind. Das Unternehmen braucht jeden Euro, nur um den miserablen Status quo aufrechtzuerhalten – und schenkt Bundeswehrangehörigen nun eine Menge Geld. Die Bundeswehr zahlt der Bahn für das Gratisfahren der Uniformierten nach Medienberichten ein Trinkgeld von vier Millionen Euro im Jahr. Der Wert der Freifahrten entspricht für jede und jeden der 180 000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr einer Bahncard 100, die 4.395 Euro im Jahr kostet. Die Bahn verzichtet also auf Milliarden.

Um die Misere bei der Bahn in den Griff zu bekommen, wäre eine große Reform nötig. Sie müsste damit beginnen, dem Unternehmen nicht mehr vorzugeben, gewinnorientiert zu arbeiten, indem es von einer Aktiengesellschaft in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine vergleichbare Rechtsform umgewandelt wird. Vor allem bräuchte die Bahn ein großes Investitionsprogramm – um das Schienennetz auszubauen, Angebote wie Schlafwagen für Reisen durch Europa wiedereinzuführen, mehr Personal in Zügen und auf Bahnsteigen bereitzustellen und vieles mehr.

Der Stopp des Milliarden verschlingenden Megaprojekts »Stuttgart 21« und der Verzicht auf die Freifahrten für Bundeswehrsoldatinen und -soldaten wären ein gutes Startsignal für die Umkehr der Bahn weg von fragwürdigen Prestigeprojekten und Privilegien für ausgewählte Gruppen und hin zu flächendeckender Mobilität für alle Reisenden gleichermaßen. Solange nicht alle gratis Zug fahren, sollten es Uniformierte auch nicht.