Welche Rolle spielten Joe und Hunter Biden in der Ukraine?

Korruption und Feindschaft

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Der Grund für das Interesse der US-Amerikaner an Burisma liegt auf der Hand. Der Konzern hält umfangreiche Gasförderrechte in vielen Landesteilen, darunter auch in Gebieten im Osten, die von der ukrainischen Regierung nicht mehr kontrolliert werden. Wohlwollend ließe sich vom Bestreben sprechen, die Energiesicherheit der Ukraine langfristig zu sichern. In regierungsnahen russischen Medien hingegen wurden Befürchtungen laut, die USA seien ­bestrebt, ukrainische Gaslieferungen nach Europa zu kontrollieren und ­damit die russische Wirtschaft zu schädigen.
Jurij Luzenko, Schokins Nachfolger als Generalstaatsanwalt, verständigte sich im vergangenen Frühjahr mit Trumps Anwalt Rudy Giuliani über seine erneut aufgenommenen Ermittlungen gegen Burisma, die jedoch nach seinen Aussagen Hunter Biden nicht beträfen. Nach einem Treffen mit Giuliani Mitte Februar in Warschau bekundete Luzenko, er habe an die USA Daten übermittelt, damit diese den Fall selbst weiterverfolgen könnten. Gereicht haben sie offenbar nicht.

Selenskyj hatte bei seinem Telefongespräch mit Trump Ende Juli angekündigt, einen neuen Generalstaatsanwalt zu benennen, der sich um Auf­klärung in der Causa Biden kümmern solle. Es ging auch um das kalifornische IT-Unternehmen Crowdstrike, das bei seiner Untersuchung von Hacker-Angriffen auf das Wahlkampfkomitee der Demokraten 2016 zu dem Schluss kam, Russland sei verantwortlich. Das ukrainische Nachrichtenportal Hvylya hält es für weitaus bedrohlicher, dass Trump hier auf Ermittlungen insistiert habe, und interpretiert dies als Aufforderung, nachzuweisen, dass die Angriffe auf die Demokraten und ihre Verbindungsleute von der Ukraine ­ausgingen. Denn hinter Crowd­strike soll ein ukrainischer Geschäftsmann stehen.

Allerdings streitet Selenskyj ab, Trump irgendwelche Versprechen ­gemacht zu haben. Die Ukraine, so ­Selenskyj, sei ein unabhängiges Land und er sei nicht berechtigt, dem Generalstaatsanwalt Vorgaben zu machen. Tatsächlich hat er mit Ruslan Rjaboschapka Ende August einen engen Vertrauten zum Generalstaatsanwalt ­gemacht, von dem bislang nicht bekannt ist, ob er überhaupt in einem der Fälle tätig geworden ist. Aus Polizeikreisen hieß es lediglich, das 2015 gegründete Nationale Antikorruptionsbüro ermittele bei Burisma ausschließlich gegen Mykola Slotschewskyj. Das mag auch daran liegen, dass die Investitionsbereitschaft US-amerikanischer Staatsbürger nicht geschmälert werden soll.

Sollte aber, was nicht bewiesen ist, Hunter Bidens Tätigkeit für Burisma tatsächlich aufgrund von Absprachen zwischen Poroschenkos und Obamas Vertrauensleuten erfolgt sein, würde Trumps persönlicher Feldzug gegen Joe Biden in das Gebiet der Russland- und globalen Energiepolitik ­führen, die mit Fragen der nationalen Sicherheit verbunden sind.