Platte - Negroman: Cuck

Der Vibe stimmt

Ein schöner Irrsinn – so könnte man das »Cuck« betitelte dritte Album des hessischen Rappers Negroman bezeichnen. Auf der Platte hat er mehr noch als zuvor zu seinem Sound gefunden, von vorn bis hinten ist es klanglich stimmig. Größtenteils in Eigenproduktion entstanden, untermalt der Musiker seine Texte mit vom Trap inspirierten samplelastigen Beats, klingt dabei aber immer noch unterscheidbar. Das größte Alleinstellungsmerkmal liefern sicherlich seine, wie gehabt, kryptischen Texte, bei denen sich der Hörer auf einem schmalen Grat zwischen Erkenntnis und Verwirrung bewegt. Trotzdem steht fest: »Cuck« hat es inhaltlich in sich. Schon der Titel ist Provokation und Kampfansage zugleich, wird doch der Begriff »Cuck« vor allem in Alt-Right-Kreisen als Bezeichnung für einen sogenannten Beta-Mann verwendet. Auf »Cuck« dient der Begriff jedoch vielmehr als Selbstbeschreibung eines »softeren« Mannes, der sich von toxischer Männlichkeit abwendet. Negroman bietet »radical softness« an.

»Cuck« präsentiert diese softe Figur auf ihrer Reise durch den spätkapitalistischen Irrsinn. Es geht um das Ohnmachtsgefühl und letztlich das widerstandslose sich Fügen: »Übe weiter beim Zuhauskampf den Aufstand«; um die wenigen persönlichen Freiheiten außer der des Konsumismus: »Ich performe an jeder Kasse wie ein junger Gott«; um Rassismus: »Währenddessen verbrennt / ein Negroman im Zellentrakt / und der sah aus wie ich«.

Trotz inhaltlicher Tiefe stellt sich beim Hören oft Verwirrung ein, viele der Textzeilen ergeben keinen Sinn. Das ist jedoch Kalkül, denn häufig soll aus wohlklingenden Wortzusammensetzungen schlicht ein »Vibe« entstehen. Dazu sagte Negroman dem Internetmagazin All Good: »Ich versuche, mich ohne diesen rationalen Vermittler-Shit auszudrücken. Deswegen ist es wohl so wirr und unverständlich, und die Leute sagen, ich würde nur Quatsch erzählen.« Mag der Text an einige Stellen vielleicht Quatsch sein, das Album als Ganzes ist es nicht.

Negroman: Cuck (Sichtexot)