Amtsenthebungsermittlungen gegen Trump

Auf den Spuren Nixons

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Die Demokraten hoffen auf ein schnelles Verfahren und klare Ergebnisse. Es ist abzusehen, dass die Live-Übertragungen der Anhörungen den fernsehbesessenen Präsidenten völlig vereinnahmen werden. Er lebt für das Fernsehen, und es dürfte ihn verärgern, dass er nicht selbst das Programm ­bestimmt. Gut möglich, dass zumindest einige der Zuschauer ihre Meinung ändern werden. Allein das wäre ein Sieg für die Demokraten. 

Bald schon könnte sich Trump mit mehreren Anklagepunkten konfrontiert sehen, unter anderem Amtsmissbrauch und Behinderung der Justiz. Laut Medienberichten wollen die Demokraten noch vor Ende des Jahres zur Abstimmung schreiten. Sollte das Repräsentantenhaus die Amtsenthebung beschließen, muss der Fall dem Senat vorgelegt werden, wo es unter der Schirmherrschaft des Obersten Bundesrichters John ­Roberts zu einem Prozess kommen würde. Um Trump tatsächlich abzusetzen, müssten nicht nur alle 47 Demokraten für die Amtsenthebung stimmen, sondern auch noch mindestens 20 Republikaner. Nixon entschloss sich 1974 zum Rücktritt, nachdem er den Rückhalt der republikanischen Senatoren verloren hatte. Doch noch halten die Republikaner geschlossen zu ihrem Prä­sidenten. Die ­republikanischen Stammwähler werden von Fox News angeheizt, ein Instrument, das Nixon seinerzeit nicht hatte. Und solange es der US-Wirtschaft gut geht, ist nicht mit ernsthaftem Widerstand aus den eigenen Reihen zu rechnen. Doch laut Pelosi ist es eine Frage des Prinzips. Ihr gehe es angeblich nur darum, die Republik zu beschützen. Vielleicht geht es aber auch um den Wahlkampf. Der Versuch der Amtsenthebung ist ein klares Signal an die demokratischen Wählerinnen und Wähler: Man zieht den Präsidenten zur Rechenschaft.

So ist die Republikanische Partei in einem Dilemma. Da ist auf der einen Seite die erregte Basis, die bedingungslose Loyalität zu Trump fordert, auf der anderen die Beweislage. Wenn der politische Konflikt sich weiter zuspitzt, könnte die Abstimmung im Senat für manche moderaten republikanischen Senatoren zum Problem werden. Für die demokratischen Präsidentschaftskandidaten, vor allem für Elizabeth Warren, bietet der Skandal die Möglichkeit, sich als unbestech­liche Outsider zu profilieren. In manchen Umfragen, vor allem in den wichtigen Vorwahlstaaten wie Iowa, liegt Warren bereits vor Biden. Gut möglich, dass die Gerüchte über Korruption und Bidens ausweichende Replik erste Folgen haben. Doch während die Demokraten noch weit davon entfernt sind, sich auf eine Kandidatin oder einen Kandidaten zu einigen, festigt Trump seine Unterstützung, nicht zuletzt, weil das Amtsenthebungsverfahren die Basis zwingt, sich auf eine Seite zu schlagen. So konnte Trumps Wahlkampfteam im dritten Quartal dieses Jahres 125 Millionen US-Dollar an Spendengeldern sammeln, auch dank der drohenden Amtsenthebung. Noch ist also fraglich, ob jeder Baum im Wald fallen wird.