Das Meme »OK Boomer« wird zum Ausdruck eines Generationenkriegs stilisiert

Auch du kannst Boomer sein

Das Meme »OK Boomer« wird zum Ausdruck eines Kriegs zwischen den Generationen stilisiert.

Die New York Times gehörte zu den ersten, die das Ende der »freundlichen Verhältnisse zwischen den Generationen« verkündete: »Now it’s war«, hieß es dort Ende Oktober in einem Artikel der Journalistin Taylor Lorenz.

Es ging darin um ein Meme, eines jener Erzeugnisse aus der Welt der sozialen Medien, für die sich etablierte Medien in der Regel kaum interessieren – und wenn, dann häufig als Ausgangspunkt für tiefergehende Analysen über die allgemeine gesellschaftliche Verdummung. Im Falle jenes Memes, »OK Boomer«, war es jedoch anders. Aufgetaucht war »OK Boomer« auf dem Imageboard 4chan schon vor einigen Jahren, um User zu beleidigen, die anderen etwas antiquiert erschienen. Gemeint sind mit dem Wort Menschen der sogenannten Baby-Boomer-Generation, der geburtenstarken Jahrgänge zwischen Mitte der vierziger und Mitte der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts.

Die breite Öffentlichkeit, vor allem in den USA, erfuhr erst vor kurzem von »OK Boomer«, seit sich das Meme als Antwort auf ein Video verbreitete, in dem sich ein älterer Mann über die angebliche Nutzlosigkeit jüngerer Generationen beschwert. Er moniert eine Reihe von negativen Stereotypen, wie etwa, dass die zwischen Anfang der achtziger und Mitte der neun­ziger Jahren geborenen »Millennials« und die noch jüngere »Generation Z« (»Zoomers«) privilegiert und übersensibel seien und nicht erwachsen werden wollten. Auf der Kurzvideo-Plattform Tiktok, die meist von sehr jungen Menschen genutzt wird, bekam das Video, beziehungsweise die Antwort darauf, enorme Aufmerksamkeit. Sie lautete: »OK Boomer«.

Der Radiomoderator Bob Lonsberry empörte sich in einem Tweet, der Begriff »Boomer« sei das »N-Wort der Altersdiskriminierung«.

Der Spruch, eine Art digitales Äquivalent des Augenrollens, wäre nicht weiter der Rede wert, steht er doch einfach für die Haltung, die sich jeder weiteren Kommunikation verweigert – und herzlich wenig mit dem biologischen Alter zu tun hat. Zum Politikum machte das Meme Anfang November eine Abgeordnete der neuseeländischen Grünen, Chlöe Swarbrick. In einer Rede zur Klimapolitik wurde die 25jährige von den Zwischenrufen eines älteren Kollegen nach den folgenden Sätzen unterbrochen: »Wie viele Regierungschefs haben über Jahrzehnte gewusst, was auf uns zukommt – und sich entschieden, es lieber im Verborgenen zu halten? Meine Generation und die Generationen nach mir haben diesen Luxus nicht.« Swarbrick ließ sich nicht beirren, schaute nur kurz zum Störer auf, sagte: »OK, Boomer« und fuhr mit ihrer Rede fort.

Das ging vielen zu weit. Die Episode verbreitete sich im Netz, ohne dass der männliche Abgeordnete, der Swarbrick unterbrochen hatte, im Bild gezeigt oder sein Name genannt wurde, ganz zu schweigen vom Inhalt seiner Kritik. Die Szene gehörte ganz der grünen Politikerin, die hinterher dem beleidigten Kollegen vorwarf, keinen Humor zu haben.