Die Boxkolumne - Von Bienen und Schmetterlingen

Sendezeit erboxen

Gelingt es dem Boxsport, ins öffentlich-rechtliche Fernsehen zurückzukehren?
Kolumne Von

Boxen im Fernsehen – das waren Sternstunden des modernen Faustkampfs. Wenn das Spotlight anging, befand sich der internationale Jetset in der ersten Reihe, Millionen saßen gebannt vor den Geräten. Die Kämpfe von Muhammad Ali, George Foreman, Henry Maske und der Gebrüder Klitschko waren internationale Großereignisse. Heute hingegen sind Boxkämpfe, die Interesse über die Kreise der Liebhaber hinaus wecken, rar geworden. Eine Konsequenz daraus war das schwindende Interesse der Fernsehsender – zumindest in Kontinentaleuropa – an den Übertragungsrechten.

Die öffentlich-rechtlichen Sender stellten ihre Übertragungen ein. Das ZDF beendete sie vor zehn Jahren, die ARD 2014. Über­raschenderweise verkündeten die Macher des ZDF im vergangenen Jahr einen Sinneswandel und versuchten es mit einem Comeback des Boxens. Zum Leidwesen aller war es dafür wohl zu spät. Ähnlich wie abgehalfterte Champions, die es im Alter noch einmal wissen wollen, scheiterte auch der Sender. »Sportlich wurde gute Qualität gezeigt, besonders bei dem Kampf Toni Kraft gegen Leon Bauer. Die Zuschauerresonanz ist aber ernüchternd«, sagte der Leiter der Sportredaktion des ZDF, ­Thomas Fuhrmann, im Anschluss. Wegen des mangelnden Zuspruchs wird der Sender vorerst keine weiteren Kämpfe ausstrahlen.

Die Erwartung, dass die Zuschauer nach zehn Jahren des kalten Entzugs sofort wieder um Mitternacht in Scharen den Fern­seher einschalten, um einige zweitklassige Kämpfe zu sehen, war unrealistisch. Neben etwas Geduld braucht es vor allem ­einen international erfolgreichen Boxer von Format. Den sucht man aber in Deutschland derzeit vergebens. Das Fachblatt für geistige Tiefschläge, der Spiegel, spekulierte nach dem erneuten Ausstieg des ZDF, ob der Hauptkämpfer Artem Harutyunyan möglicherweise »nicht deutsch genug« gewesen sei. »Sie würden lieber einen Nichttitelkampf zeigen, Hauptsache der Boxer ist Deutscher«, wird der Geschäftsführer des Hamburger Boxunternehmens Universum, Ismael Özen-Otto, zitiert. Doch damit liegt er falsch.

Harutyunyan konnte in seinem Kampf nicht wirklich überzeugen. Das ist die bittere Wahrheit. Es gibt hier und da ein paar Talente in dem Sport, aber die meisten Boxer sind besseres ­Fallobst. Es fehlt an gut ausgebildetem Nachwuchs. Dessen scheinen sich die Verantwortlichen der ARD bewusst zu sein. Nachdem der ostdeutsche Sender MDR halbwegs erfolgreich Boxkämpfe aus der Region übertragen hatte, will die ARD insgesamt sich künftig auch wieder verstärkt der Sportart zuwenden. Im Gegensatz zum ZDF kann man dabei an die vorangegangenen Erfolge im Dritten Programm anknüpfen.

Mit dem amtierenden Weltmeister im Halbschwergewicht, Dominic Bösel, will die ARD nun wieder bundesweit größere Mengen an Zuschauern erreichen. Das wird so höchstwahrscheinlich nicht passieren. Bösel ist kein zweiter Henry Maske, vom Vergleich mit den Klitschkos ganz zu schweigen. Aber falls sich die Sendeanstalt geduldet, besteht zumindest eine kleine Chance, das Publikum zurückzugewinnen. Der Magde­burger Boxstall SES, mit dem die ARD zusammenarbeitet, hat ein großes Talent in seinen Reihen: Agit Kabayel. Der Schwer­gewichtsboxer steht aber derzeit beim US-Sender ESPN unter Vertrag, als erster und bisher einziger Boxer aus Deutschland.