Der türkische Staatsgeistliche Ali Erbaş hält Homosexualität für eine Sünde

Erdoğans Prediger

Zum Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan hielt Ali Erbaş eine Predigt, die für Aufregung sorgen sollte. »Der Islam zählt Unzucht zu einer der größten Sünden, er verdammt die Homosexualität«, sagte der Präsident der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet am Freitag voriger Woche. Hunderttausende Menschen setzten sich jedes Jahr durch homosexuelle und außereheliche Beziehungen dem HI-Virus aus. Gläubige sollten sich darum bemühen, Menschen vor dieser »Art des Bösen« zu schützen. Zuvor hatte Erbaş über den Kampf gegen Covid-19 gesprochen.

In den sogenannten sozialen Medien wurde er für seine Äußerungen kritisiert, erhielt aber auch Zuspruch. Viele warfen ihm vor, er habe indirekt einen Bezug zwischen Homosexualität und der Verbreitung von Sars-CoV-2 hergestellt. Auch Politiker der prokurdischen HDP und der sozialdemokratischen CHP kritisierten Erbaş. Die Anwaltskammer Ankaras schrieb, der Religionsbeamte habe einen Teil der Menschheit mit Hass herabgewürdigt. In der Stellungnahme heißt es auch: »Es sollte niemanden verwundern, wenn Ali Erbaş bei seiner nächsten Rede das Volk dazu auffordern würde, auf öffentlichen Plätzen Frauen als Hexen zu verbrennen.« Nach einer Beschwerde der

Diyanet ermittelt mittlerweile die Oberstaatsanwaltschaft Ankaras wegen »Herabwürdigung religiöser Werte« gegen die Anwaltskammer.
Der türkische Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan hat Erbaş 2017 zum Präsidenten der Religionsbehörde ernannt. Die Diyanet beschäftigt mehr als 100 000 Mit­arbeiter. Sie ernennt die Imame und errechnet die Gebetszeiten. Der Islamverband Ditib ist der deutsche Ableger der Behörde. Erdoğan ließ keinen Zweifel an seiner Unterstützung für Erbaş aufkommen. Am Montag sagte er, die Äußerungen des Imam seien »vollkommen korrekt« gewesen, gälten aber nur für Muslime. Für Nichtmuslime handle es sich lediglich um Meinungsäußerungen. Der Anwaltskammer drohte er, jeder solle »seine Grenzen« kennen. Ein Angriff auf Erbaş sei ein »Angriff auf den Staat«.