Trotz Hizbollah-Verbot will Hamburgs Regierung den Dialog mit dem Islamischen Zentrum Hamburg

Islamisten gut integrieren

Die Diskussion über das Islamische Zentrum Hamburg, das dem iranischen Regime nahesteht, geht weiter.

Das Betätigungsverbot für die Hizbollah hat auch in Hamburg Auswirkungen. Dort wird die Diskussion über den Staatsvertrag mit der Schura, dem Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg, wieder schärfer geführt. Zu dem Dachverband gehört auch das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), das als dem iranischen Regime eng verbunden gilt, in der Vergangenheit mit Anhängern der Hizbollah kooperierte und vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In einem offenen Brief forderten Organisationen wie die Jüdische Studierendenunion Deutschlands (JSUD), das Mideast Freedom Forum Berlin (MFFB) und das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) Ende Mai den Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) auf, sämtliche Kontakte zu Moscheegemeinden einzustellen, die »Hass und Hetze gegen Andersgläubige sowie antisemitische und antiisraelische Propaganda verbreiten und Kriegsverherrlichung in Gotteshäusern betreiben«. Die Unterzeichner wie zum Beispiel die Rechtsanwältin Seyran Ateş und der ehemalige Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Grüne) erwarten vom Hamburger Senat »die gleiche Distanzierung vom religiösen Extremismus wie vom politischen Extremismus«. Das Hizbollah-Verbot konsequent durchzusetzen, ­erfordere »eine strikte Verweigerung der Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten, Islamisten und deren Unterstützern«.

In den Koalitionsverhandlungen entschieden sich SPD und Grüne in Hamburg dagegen, den Staatsvertrag mit den muslimischen Verbänden auszusetzen.

Zum Zeitpunkt dieser Intervention führten die Hamburger SPD und die Grünen noch Koalitionsverhandlungen. Während des vorangegangen Wahlkampfs hatte vor allem die CDU versucht, mit einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne gegen die Imam-Ali-Moschee, deren Trägerverein das IZH ist, Wähler zu gewinnen. Neben Dennis Gladiator, dem innenpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, war es vor allem der CDU-Kandidat Ali Ertan Toprak, der sich für die Kündigung der Staatsverträge mit den islamischen Verbänden einsetzte.

Im Januar hatte Toprak wegen einer Trauerfeier für den getöteten iranischen General Qasem Soleimani in der Imam-Ali-Moschee Strafanzeige gegen das IZH gestellt. Der Befehlshaber der außerhalb des Iran operierenden Quds-Brigaden war bei einem US-amerikanischen Raketenangriff im Irak getötet worden. Die Anzeige hatte jedoch keine juristischen Konsequenzen.

Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Gladiator zu dem schiitischen Zentrum und dem Staatsvertrag mit der Schura geht hervor, dass der vorherige Hamburger Senat, der ebenfalls von SPD und Grünen geführt wurde, den offiziellen Kontakt zum IZH für sinnvoll hielt. »Die Ausrichtung des IZH war beim Abschluss der Verträge bekannt«, schrieb die Hamburger Regierung in ihrer Antwort vom 17. Januar. »Senat und Bürgerschaft hatten dies mit dem Nutzen schriftlicher Verträge als Grundlage für eine Zusammenarbeit im Sinne der Integration abzuwägen.«

In den jüngsten Koalitionsverhandlungen entschieden sich SPD und Grüne dagegen, den Staatsvertrag auszusetzen. »Die Koalitionspartner betrachten den Staatsvertrag mit den muslimischen Verbänden weiterhin als geeignete Grundlage, um auch in kritischen Fragestellungen eine Gesprächsbasis zu schaffen«, heißt es im Koalitionsvertrag. Zudem ist darin festgehalten: »Die Koalitionspartner bestärken die islamischen und alevitischen Verbände und Gemeinden weiter in dem bereits in den Verträgen festgehaltenen Ziel, als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt zu werden.« Dies gilt also auch für das IZH.

In die jüngste Diskussion mischten sich auch Unterstützer des IZH öffentlich ein. In einem offenen Brief beklagten Vereine wie »Insan für Menschenrechte und Frieden«, die »Islamische Gemeinschaft in Hamburg« und der Landesverband des Zentralrats der Muslime, dass »Vereine aufgrund der schii­tischen Ausrichtung einer Stigmatisierung zum Opfer« fielen. Ziel der Gegner des IZH sei es, »Hass und Hetze gegen Schiiten zu schüren und politische Entwicklungen außerhalb Deutschlands zu uns nach Hamburg und mit unseren Gemeinden in Verbindung zu bringen«. Die Verbindungen des IZH zum iranischen Regime werden in dem offenen Brief heruntergespielt: »Dabei pflegt das Islamische Zentrum Hamburg, genau wie diverse Kirchen, Synagogen, Moscheen und andere Gotteshäuser, auch internationale Kontakte zu anderen Gemeinden und religiösen Autoritäten. Diese Kontakte haben jedoch nicht den geringsten Einfluss auf die Souveränität des Zentrums und seine Entscheidungen.«

»Am Ende ist der Hauptprofiteur des neuen Koalitionsvertrags zwischen SPD und Grünen in Hamburg das seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtete iranische staatliche IZH«, schrieb der Mitbegründer und Sprecher der »Green Party of Iran«, Kazem Moussavi, in den sozialen Medien. Der Sprecher des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Hamburg, Alexander Will, zeigte sich auf Anfrage der Jungle World enttäuscht darüber, dass erneut die Gelegenheit vertan worden sei, ernsthafte Schritte gegen das IZH einzuleiten: »Es sollte doch gerade den linken Parteien ein Anliegen sein, gegen organisierte Judenfeindschaft, Homophobie und Frauenunterdrückung vorzugehen.«