Gespräch mit dem Rechtsanwalt Lukas Theune über die jüngsten Polizeieinsätze in der Rigaer Straße 94

»Eindeutig rechtswidrig«

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Das linke Hausprojekt in der Rigaer Straße 94 in Berlin-Friedrichshain ist kürzlich wegen zweier Polizeieinsätze wieder in die Schlagzeilen gekommen. Die Jungle World sprach mit dem Rechtsanwalt Lukas Theune, der Bewohner des Hauses juristisch vertritt, über die Hintergründe.

Was war in der vergangenen Woche in der Rigaer Straße 94 los?

Am Donnerstag rückte die Polizei mit einem großen Aufgebot an, mit der Begründung, zwei Durchsuchungsbefehle zu vollstrecken. Dabei ging es angeblich unter anderem um die Blendung einer Polizistin mit einem Laserpointer im Januar dieses Jahres. Doch bei dieser Durchsuchung blieb es nicht. Denn mit der Polizei kam auch der Anwalt des angeblichen Eigentümers sowie ein Trupp von Bauarbeitern, die eine Wohnung im Erdgeschoss räumten. Anschließend blieb ein Sicherheitsdienst im Haus. Am nächsten Tag kam es zu einem weiteren Polizeieinsatz. Damit sollte erneut die Räumung einer Wohnung gesichert werden. Das ist aber nicht gelungen, weil die Bauarbeiter ein Loch in die Wand der falschen Wohnung schlugen. Dann spielte die Polizei nicht mehr mit. Sie erklärten den Bauarbeitern, dass sie den Räumungsversuch abbrechen müssen.

Wie bewerten Sie diese Vorgänge juristisch?

Die Vollstreckung der richterlichen Durchsuchungsbefehle ist juristisch nicht zu beanstanden. Doch die Räumung einer Wohnung und der fehlgeschlagene Räumungsversuch waren meines Erachtens eindeutig rechtswidrig.

Ist es üblich, dass sich aus einer Durchsuchung wegen eines Ermittlungsverfahrens eine Wohnungsräumung entwickelt?

Das ist absolut unüblich und auch rechtlich in keiner Weise gedeckt. Ich frage mich, auf welcher Rechtsgrundlage die Polizei agierte, als sie vor der Durchsuchung den Eigentümer informierte und der dann mit einen Trupp Bauarbeiter ankam. Zudem gibt es für keine der Wohnungen einen Räumungstitel, also fehlt jede Rechtsgrundlage für die Räumung, die die Polizei hier ­abgesichert hat.

Sollten Fakten geschaffen werden, nachdem ­juristisch bisher jeder Räumungsversuch ­scheiterte?

Tatsächlich hat das Berliner Landgericht 2017 und 2019 klargemacht, dass niemand nachweisen kann, die Briefkastenfirma Lafone Investments Limited zu vertreten, weder der angebliche Direktor der Firma noch ihr angeblicher Anwalt Markus Bernau. Im August 2019 gab sich dann im RBB-Interview ein bisher Unbekannter als Eigentümer der Rigaer Straße 94 aus. Von ihm hatte vorher niemand etwas gehört. Daher ist es umso unverständlicher, dass die Polizei nun trotzdem Lafone Investments bei Räumungen unterstützt. Es sollte doch erst einmal gerichtlich ­geklärt werden, wer der Eigentümer ist.

Im Sommer 2016 versuchte der damalige Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU), das Haus räumen zu lassen. Das Berliner Amtsgericht hat den Polizeieinsatz später für rechtswidrig erklärt. Hat die Politik daraus nichts gelernt?

Das müssten Sie die Politiker fragen. Die betroffenen Bewohner der Rigaer 94 sind allerdings bereit, juristisch gegen neue Räumungsversuche ohne Rechtsgrundlage vorzugehen.