Klassenkampf: Ferien und Sommerschule

Bier trinken und aufräumen

Kolumne Von

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle über die Sommerschule schreiben, die in einigen Berliner Bezirken in den ersten zwei Wochen der Sommerferien stattfand, ein kostenloses und insofern eigentlich ziemlich geiles Angebot des Berliner Senats zum Ausgleich der Schließzeit. Unterrichtet werden sollten nur die Fächer Englisch, Deutsch und Mathe, für drei Stunden an ­allen Werktagen.

Aus meiner Klasse haben sich immerhin zehn Kinder angemeldet, das heißt, eigentlich haben natürlich ihre Eltern sie angemeldet, die Kinder wären dann vermutlich doch eher schwimmen gegangen. Mir fällt jedenfalls jetzt, da ich darüber schreiben will, auf, dass ich selbst ja gar nicht unterrichtet habe – ich habe Ferien. Das erschwert es, über die Sommerschule zu schreiben: Ich weiß nämlich nichts. Andererseits bin ich natürlich Lehrerin und weiß immer alles, und auch in diesem Fall habe ich Vermutungen, von wegen der Vorgeschichte: Erst sollte es zwischen uns und den Sommerschullehrkräften Vorbesprechungen geben, die dann aber ausgefallen sind, jedenfalls sprach niemand mehr von ihnen. Dann fingen die Sommerferien an und ich schwor, meinen mir im Verlauf der Schließzeit verhasst gewordenen E-Mail-Account erst in sechs Wochen wieder zu öffnen, und zog mich umgehend mit einer Bierflasche oder zehn in mein Zimmer zurück.

Als ich nach zwei Wochen keine Lust mehr hatte auf Bier, einknickte und doch mal kurz reinguckte, hatten sämtliche Sommerschullehrkräfte mir kurz nach Beginn der Ferien E-Mails geschrieben, in denen sie fragten, was sie jetzt überhaupt machen sollen mit den Kindern und ob ich mal Materialien für sie hätte, man habe ihnen gesagt, sie würden von uns betreut und angeleitet werden. Ich habe also meine Annah­men zum Verlauf der Sommerschule (Schweiß, Tränen, Filme gucken), aber wer weiß, ich war ja zu Hause mit Bier. Aber nicht, dass Sie jetzt denken, ich hätte nur Bier getrunken.

Ich habe zum Beispiel auch mei­nen Schreibtisch aufgeräumt, und das war eigentlich sogar interessanter als die Sommerschule, also für mich zumindest, deswegen möchte ich jetzt doch lie­ber über Dinge schreiben, die ich gefunden habe und seither in so großen Mengen besitze, dass ich nie wieder neue davon brauchen werde: Rotstifte, Textmarker, Kreide, Folienstifte, externe Festplatten und DVD-Laufwerke (wisst ihr noch? DVDs?), Ladekabel, Postsparbücher, Merklisten mit Passwörtern, die inzwischen überholt sind, weil ich sie vergessen hatte und neue eingerichtet habe, angefangene Notizbücher, furchtbare Passbilder und alte Schokolade. Außerdem fand ich einen Zettel, auf dem steht: »Irgendwie war ich zu müde zum Aufräumen gewesen«, mehrfach unterstrichen. Die Kreide- und Folienstifte würde ich übrigens kostengünstig abgeben, falls jemand Interesse hat. Den Zettel hebe ich wohl weiter auf.