Montag, 03.12.2018 / 16:43 Uhr

»Knud gegen Böse«, Teil vierzehn- Humanoide Wesen

Von
Knud Kohr

Fünfzehn Uhr einunddreißig. Da draußen scheint es schon wieder dunkel zu werden. Soll ich Ihnen mal eine kleine Geschichte erzählen, die Ihrem Blogger seit einigen Tagen zwischen den Ohren herum spukt? Eine große Pointe hat sie nicht, aber sie spielte wenige hundert Meter von dem Ort entfernt, wo Ihr Blogger vor über fünfzig Jahren seine Reise in die Welt begann. In Cuxhaven-Sahlenburg nämlich. Im Sommer 1986. Ein Jahr zuvor hatte Ihr Blogger sein Abitur gemacht.

Es war einiges passiert. Antje, wie die damalige Freundin Ihres Bloggers hieß, hatte es nach Göttingen verschlagen. Mitsamt ihren blonden Haare, ihren hellblauen Augen und ihren neunzig- sechzig- neunzig. Dafür verbürgt sich Ihr Blogger. Denn er selbst war dabei, als Antje nachmaß. Durchaus mürrisch betrachtet von ihrer Mutter.

Nun ja. Rund um Göttingen hatten sich damals seit kurzem humanoide Wesen angesiedelt. Unter ihnen auch eines, das auf den Namen »Walter« hörte, und auf Zehenspitzen 175 Zentimeter, naja, »groß« war. Wie hungrig muss das Herz einer jungen Schönheit sein, sich an so einen abgebrochenen Umweltverschmutzer zu verschenken? Der noch dazu den Großteil seiner trüben Tage damit verbrachte, auf einem Motorrad minderer Qualität durch die Gegend zu brausen. Und damit möglichst nah an küssenswerten jungen Damen vorbeifuhr. Zugegebenermaßen verfügte Ihr Blogger über keinerlei technisches Wissen, um die Qualität eines motorisierten Zweirads beurteilen zu können. Ihm passte es einfach nicht, dass ein Zwerg wie Walter abends das Lager mit Antje teilte. Dass dieser Humanoid diese nachweislich wunderschönen Lippen küssen durfte. Und nicht Ihr Blogger. Natürlich war das ungerecht, aber im Krieg, in der Liebe und beim Kampf um bemerkenswerte Lippen geht es nun mal nicht um Gerechtigkeit. Sondern darum, wer küssen darf. Bätsch! Wie Jahre später eine Kandidatin im Ringen um den SPD-Vorsitz mal formulieren würde.

Manchmal brachte der Humanoid namens Walter auch sein Zweirad zum Stehen. Kramte aus den Tiefen seiner billigen Motorrad-Jacke ein Brötchen und ein Würstchen hervor. Biss dann daon ab und sagte: »Muss was essen. Sonst kann ich nachher die Karre nicht mehr halten.«

Das waren die Momente, in denen ihr Blogger seinen Konkurrenten am meisten hasste. Wäre es möglich gewesen, all den Hass in einem bösen Blick zu bündeln, und mit einem solchen Blick diesen Zwerg namens Walter in der ersten Kurve aus dem Gleichgewicht zu starren – Ihr Blogger hätte es glatt getan. Stattdessen simulierte er Freundschaft, sobald Walter nach seiner Rückkehr sein Motorrad abstellte. Einmal schlug er seinem Rivalen sogar auf die Schulter. Und wie Antje sich dabei fühlte, war ihm egal. Kein Ruhmesblatt auf jeden Fall.

Die Zeit erledigte den Rest. Antje lebt mit ihrer Familie mittlerweile am Stadtrand von Leverkusen. Scheinbar ist sie in zweiter Ehe verheiratet und hat drei Kinder von ihren beiden Ex-Männern. Das ergab jedenfalls eine flüchtige Recherche im Internet. Über den Zustand ihrer Lippen war hingegen nichts zu ermitteln.