Samstag, 22.06.2019 / 08:48 Uhr

Will Trump 'regime change'?

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Aus dem Netz

Auf seinem Blog beider österreichischen Zeitung Der Standard analysiert Saami Maani in einem sehr lesenswerten Beitrag die Hintergründe der jüngsten Eskalation zwischen den USA und dem Iran:

Was will Trump mit seinem Säbelrasseln gegen Teheran aber eigentlich erreichen? Krieg und regime change? Betrachten wir seine bisherige politische Performance, fällt es schwer, Trump als Kriegstreiber zu etikettieren. Im Präsidentschaftswahlkampf hatte er den Irakkrieg als "dicken, fetten Fehler bezeichnet" und seine Rivalin Hillary Clinton beschuldigt, als Obamas Außenministerin die USA in Kriege mit Syrien und Libyen verwickelt zu haben. Er selbst, so Trump, würde niemals amerikanische Soldaten in unnötigen Kriegen verheizen – und traf damit offenbar die Stimmung der Wähler. Militärinterventionen sind bei der US-Bevölkerung äußerst unbeliebt. Das weiß Trump, der in den nächsten Tagen seine Kandidatur für die Präsidentenwahl 2020 bekanntgeben wird, sehr genau.

Ein regime change im Iran steht nicht auf der Wunschliste Trumps – sondern auf jener der überwiegenden Mehrheit der Iraner.
 

Säbelrasseln sollten wir daher nicht als Kriegsvorbereitung missverstehen. Er scheint es vielmehr darauf angelegt zu haben, wie schon im Konflikt mit Nordkorea, maximalen Druck aufzubauen, um Teheran zu Verhandlungen zu zwingen, aus denen er – der sich als grandiosen deal maker imaginiert – das Beste für die USA herauszuholen hofft: Eine Islamische Republik, die sich, Pompeos zwölf Punkte umfassenden Katalog entsprechend, außenpolitisch "normal" verhält. Sprich ihre Milizen aus Syrien abzieht, die Feindschaft gegen Israel aufgibt, die Entwicklung atomwaffenfähiger Raketen beendet, terroristischen Gruppen, wie der Hisbollah oder der Hamas, keine Raketen mehr zur Verfügung zu stellt und anderes mehr. (...)

Bei der Frage nach Trumps Motiven hatten wir "regime change" und Krieg in einem Atemzug genannt. Das entspricht der – nach den Erfahrungen in Afghanistan und im Irak – weit verbreiteten Vorstellung von der fixen Verknüpfung dieser beiden Kategorien. Krieg heißt aber nicht in jedem Fall Invasion, Besetzung und "regime change". Sollte es etwa, entgegen den Absichten Trumps, zu einem Krieg aus Versehen kommen, wäre dieser wohl ein begrenzter. "Ein bisschen Krieg" ("Die Zeit"), sprich punktuelle Bombardements von militärischen und zivilen Einrichtungen, hätte aber aller Wahrscheinlichkeit nach keinen "regime change" zur Folge. Sondern, im Gegenteil, eine Stärkung des Regimes im Inneren und nach Außen: Als Opfer einer amerikanischen Aggression könnte Teheran mit der Solidarität nicht nur der islamischen Welt rechnen. (...)

Ein regime change im Iran steht nicht auf der Wunschliste Trumps – sondern auf jener der überwiegenden Mehrheit der Iraner. Dessen ungeachtet sieht manch ein Regimegegner in Trump – laut Navid Jamshidi, dem Chefredakteur des Teheraner Online-Magazins Asia der beliebteste US-Präsident in der Geschichte Irans – eine Art Messias, der den Iran vom klerikalen Regime erlösen wird. Detail am Rande: Gemäß der Verfassung der Islamischen Republik ist das "wahre Staatsoberhaupt" des Irans der verborgene zwölfte Imam – der schiitische Messias.