Donnerstag, 16.01.2020 / 22:38 Uhr

'The German Problem': Völkermord, Libyen, Giftgas, Sigmar Gabriel und deutscher Frieden

Von
Thomas von der Osten-Sacken

 

Ein besonders beliebter Zeitvertreib linksliberaler Zeitgenossen in Deutschland besteht darin, sich über das Unwissen von Amerikanern lustig zu machen. Nur 28% aller befragten US-Bürger finden den Iran richtig auf einer Karte? Herrje sind die dumm und führen dann auch noch Kriege.

Das alles findet statt in einem Land, in dem ein Ex-Aussenminster stolz folgendes auf seinem Twitter Account verbreitet:

 

g

Wenn, so bezöge sich deutsche Legitimität bestenfalls auf den ersten im 20. Jahrhundert verübten Völkermord an Herero und Hottentotten in Deutsch-Südwestafrika, dass damals als Kolonie zum Reich gehörte, welches immerhin mit seinen afrikanischen und pazifischen Besitzungen viertgrößte Kolonialmacht war. Würde sich Sigmar Gabriel ein wenig besser auch in der Geschichte seiner Partei auskennen, die er so gekonnt half, unter 20% zu drücken, wüsste er vielleicht, dass es einige wenige aufrechte Sozialisten waren, die damals das blutige Vorgehen sowohl in Deutsch-Südwest als auch -Ostafrika (heute Tansania) heftig kritisierten.

h

(Gefesselte Hereros, Quelle: Wikipedia)

 

Von allen Kolonialmächten im 19. und frühen 20. Jahrhunderten dürfte das Deutsche Reich sich neben dem belgischen König, dem damals der Kongo gehörte, als brutalste aufgeführt haben.

Offenbar aber hat sich Gabriel, wie so viele andere Deutsche, nie mit diesem dunklen Kapitel der Vergangenheit beschäftigt. Warum auch? Er stand ja nur jenem Ministerium vor, das dafür hätte zuständig sein sollen und seiner Verantwortung nicht nachkam:

Rund 70.000* Herero oder Nama wurden damals in die Wüste getrieben oder in Konzentrationslager gesteckt. Viele verdursteten, andere wurden getötet – auf deutschen Befehl. Der erste Genozid des 20. Jahrhunderts. Seit Jahren wartet man in Namibia auf Entschädigung. Doch die kommt nicht.

Statt Entschädigung für begangene Verbrechen zu zahlen, spielt man sich als deutscher Sozialdemokrat lieber als Obermoralist auf und bewirbt schamlos die eigene Interesselosigkeit in Libyen.

Dass ein Autokrat, nämlich Gaddafi, der, ginge es nach deutscher Außenpolitik, dort heute noch so fest im Sattel säße, wie Saddam Hussein im Irak, in den 8oer Jahren mit deutscher Hilfe eines der größten Giftgasprogramme in der Region auflegte, scheint einen Ex-Außenminister ebenfalls nicht weiter zu stören. Als bekannt wurde, dass deutsche Firmen nicht nur den irakischen Diktator, sondern auch den libyschen Diktator, der, wie Saddam  auch, immer wieder die Vernichtung des jüdischen Staates forderte, solcherart beliefert hatten, erschien 1989 in der New York Times ein Artikel von William Safire unter dem Titel „The German Problem“.

Darin hieß es unter anderem:

One might think that this generation of Germans, aware of the guilt of their fathers in the gassing of millions of innocents not so long ago, would be particularly sensitive to the prospect of complicity in the murder by gas of civilians by a terrorist state today. But apparently too many ''good Germans'' just don't want to know about it. (…)

Does export-loving Foreign Minister Genscher approve of the way West German missile experts are providing third world nations with the technical means to build delivery systems for gas bombs? Does Mr. Kohl consider it legal and moral for Bonn to permit certain of its well-connected nationals to help terrorize the world?

Die guten Deutschen, von dem William Safire hier spricht, sind geblieben. Sie sind gut, weil sie ihre Amnesie sogar inzwischen so laut in die Welt hinausbrüllen können, wie Sigmar Gabriel. Sie wollen nur Frieden und haben keine Interessen. Und das macht sie ebenso gefährlich wie jene, die um des Profits willens einst Saddam und Gaddafi belieferten oder die halbe Bevölkerung Südwestafrikas ausrotteten.

Gabriel allerdings hat Unrecht: Sie hatten und haben Waffen, Geld und ein ganz reines Gewissen, denn sie handeln ja nicht etwa aus schnödem Eigeninteresse, sondern immer nur für höhere Ziele, ganz besonders aber für den Frieden.