Der Fall Rachel Dolezal

In der Grauzone

Kommentar Von Lukas Egger

Der Fall Dolezal wurde von Konservativen zum Anlass genommen, eine neue Diffamierungsstrategie gegen antirassistische Bewegungen zu entwickeln.

Für die Konservativen in den USA war es ein gefundenes Fressen, als Rachel Dolezal vor einigen Monaten von ihren leiblichen Eltern als Weiße geoutet wurde. Dolezal trat über Jahre als prominente Figur der NAACP, einer der einflussreichsten schwarzen Bürgerrechtsorganisationen der USA, auf und gab sich stets als Afroamerikanerin aus. Viele Kommentatoren aus dem rechten Lager fragten ­hämisch, was am Schwarzsein denn so schlimm sein soll, wenn sich weiße Aktivistinnen sogar freiwillig in diese Rolle begeben. Dolezal sagte, dass sie sich stets als Schwarze empfunden habe, und verglich ihren Fall mit dem der transsexuellen Caitlyn Jenner. Auf einigen antirassistischen Blogs wurde daraufhin ernsthaft diskutiert, ob »Transrace«, also die Annahme einer anderen ethnischen Identität, ähnlich zu bewerten sei wie Transgender. Der Fall Dolezal, der wohl eher in den Aufgabenbereich der Psychoanalyse als den der Rassismustheorie fällt, wurde von Konservativen nun zum Anlass genommen, eine neue Diffamierungsstrategie gegen antirassistische Bewegungen zu entwickeln. Nun macht man sich daran, die Familiengeschichten von Antirassisten nach Ungereimtheiten zu durchforsten. Anfang August veröffentlichte das konservative Internetportal Breitbart einen Enthüllungsartikel über Shaun King, Mitglied der antirassistischen Kampagne Black Lives Matter. Dieser sei, entgegen seiner Selbstdarstellung als Schwarzer, seiner Geburtsurkunde zufolge Sohn weißer Eltern. King schrieb seit dem Mord an Michael Brown im August 2014 als Blogger und Journalist ausführlich über Rassismus und Polizeigewalt und erlangte große Aufmerksamkeit. Neben der fälschlichen Selbstdarstellung als Schwarzer wird ihm vorgeworfen, unter Angabe falscher Tatsachen ein Stipendium für das traditionell afroamerikanische Morehouse College angenommen zu haben. Außerdem habe er eine Schlägerei in seiner Schulzeit als rassistischen Übergriff dargestellt, obwohl dies nicht den Tatsachen entspreche. King bezeichnete die Vorwürfe als Lügen und beteuert, sein Vater sei, entgegen dem, was in der Geburtsurkunde vermerkt ist, ein hellhäutiger Schwarzer, den er jedoch nie kennengelernt habe. Seine Familiengeschichte diene als Vorwand für eine Schmutzkampagne gegen Black Lives Matter, so King. Familienmitglieder und ehemalige Klassenkollegen stützen seine Geschichte. Unbestritten dürfte jedoch sein, dass Rassismus in den USA kein bloßes Konstrukt ist.