Misogyne Männerbünde

Mensur aus Menstruationsneid

Kommentar Von Veronika Kracher

Burschenschafter hassen alles Weibliche und haben zugleich panische Angst davor. Sie fürchten nicht nur Frauen, sondern auch die weiblichen Anteile in ihnen selbst.

Sie lehnen das Patriachat ab, fordern die Herrschaft der Frau, die Abschaffung des Männerwahlrechts und eine Frauen- und Transgenderquote von 80 Prozent in öffentlichen Ämtern. Strikt weibliche Burschenschaften wie die Furia, Lascivia oder Molestia fordern seit geraumer Zeit, das »Patriarchat zu zerfotzen«. Frech tragen sie ihre Mützen und Schärpen, wie sie doch sonst nur Mitglieder von traditionsreichen Studentenverbindungen anziehen. Was für eine Provokation.

Es muss ganz schön schwer sein als Mann im Jahre 2019. Bekam man in den vergangenen 1.000 Jahren noch von allen Seiten bestätigt, die Krone der Schöpfung und uneingeschränkter Herrscher über Weib und Welt zu sein, erdreisten sich Frauen mittlerweile, die patriarchale Vorherrschaft beenden zu wollen. Früher war alles besser. Die Frauen durften nicht studieren und die »biologische Bestimmung« der Frau war auch mehr oder weniger klar. Inzwischen sind die Universitäten längst voll von Frauen. Sie durchbrechen Stück für Stück die gläserne Decke, anstatt sich, wie doch eigentlich vom lieben Gott und der Natur gewollt, um Kinder, Küche und Kirche zu kümmern, und das, was früher ein Kompliment war, ist heutzutage sexuelle Belästigung.

Blut muss fließen. Mensur ist Menstruationsneid

Bild:
Reuters/Heinz-Peter Bader

Rechte Studentenverbindungen, die Burschenschaften, zeichnen sich neben ihrem oft peinlich anmutenden Elitismus und ihrer Deutschtümelei noch immer vor allem durch eines aus: glühenden Antifeminismus und Männerbündelei. Einer vermeintlich omnipräsenten weiblichen Bedrohung lässt sich in ihren Augen nur entgehen, indem man sich im Männerbund zusammenschließt und angeblich ursprüngliche deutsche Männlichkeit mit Suff und Rauferei zelebriert. Wo ließe sich das besser tun als in einer Burschenschaft, wo es lustige Phantasieuniformen gibt oder man das Horst-Wessel-Lied grölen und anschließend in einen sogenannten Bierpabst kotzen kann? Junge Männer können sich dort gegenseitig mit langen, phallischen Waffen das Gesicht aufschneiden – wohl aus Menstruationsneid.

Panische Angst und glühender Hass

Wie Klaus Theweleit in den »Männerphantasien« analysierte, zeichnet sich der Männerbund vor allem durch eines aus: panische Angst und glühenden Hass auf alles Weibliche, sei es das äußere Weibliche – also Frauen –  oder als weiblich verstandene Anteile am Mann selbst. Eine doppelte Abgrenzung ist die Folge, die zu Dominanzgebaren gegen Frauen und andere Männer führt. Schließlich gäbe es, so steht es in den Burschenschaftlichen Blättern, tausend gute Gründe »eine Gleichsetzung und völlige Gleichbehandlung der Geschlechter für verheerend zu halten.«

Das soldatische Männerbild braucht die Abwertung von Frauen, damit sich der Mann als Mann fühlt.

Burschenschaften sind ein Refugium für alle, die sich fernab von Weibsvolk in einem Verbindungshaus verschanzen und mit Mensurfechten, Stafettesaufen und dem Schikanieren und Demütigen der neuen »Füchse« (das, was in einer ordinären Bikerbande die prospects sind) ihrer Soldatenphantasie frönen wollen. In diesen Männerhäusern lässt sich eine sich als altehrwürdig gerierende frauenfeindliche Ideologie ganz bewusst ausleben. Theweleit zufolge braucht das soldatische Männerbild die Abwertung von Frauen, damit sich der Mann als Mann fühlt.

Dabei dürften viele Burschenschaftler durchaus genau wissen, was der ganze Männerbund- und Elitegedanke kaschiert: Hinter der Fassade von Wichs und Nationalstolz leitet sich der Elitedünkel vor allem aus der Zugehörigkeit zur primitiven Bande einer Bierfamilie ab. Nicht Bildung und Verdienst, sondern Seilschaften aus sogenannten Alten Herren ebnen dem Burschenschafter den Karriereweg. Später im Beruf halten die Alten Herren dann besser geschulte Frauen aus den Korridoren der Macht fern und protegieren ihre Bürschchen.

Burschenschaften waren nicht zuletzt maßgeblich am Aufstieg des Nationalsozialismus beteiligt, pflegen zum Teil bis heute eine menschenverachtende Ideologie und verschandeln das Straßenbild jeder hübschen kleinen Studentenstadt. Allemal besser wäre es gewesen, man hätte deren Verbot nach dem Krieg in der Bundesrepublik nicht schon 1950 wieder aufgehoben.